10 Jahre !Nie wieder

Zum Jubiläum des "Erinnerungstag des deutschen Fußballs" lud die Inititative zu einer großen Versammlung in Frankfurt ein. Über ein ganzes Wochenende tauschten sich 280 TeilnehmerInnen aus allen Bereichen des Fußballs über Erfahrungen und Strategien in der Erinnerungs- und Antidiskriminerungsarbeit aus. Durchgeführt mit Unterstützung der Akademie und vieler ihrer Mitglieder.

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Zum zehnten Mal wird am 27. Januar der Erinnerungstag im deutschen Fußball begangen, um der Opfer des Nationalsozialismus zu gedenken. Anlässlich dieses Jubiläums kamen in Frankfurt 280 Menschen aus allen Bereichen des Fußballs zusammen - um Erfahrungen in der Anti-Diskriminierungsarbeit auszutauschen und zukünftige Strategien zu entwickeln. Geladen hatte die Initiative !Nie wieder - Erinnerungstag im deutschen Fußball.

von Christian Schirmer

Die TeilnehmerInnen kamen aus Fan-Szenen, Fanprojekten, der Wissenschaft, Fußballverbänden und -Vereinen sowie Organisationen aus Fußball, Sport und Antidiskriminierungsarbeit. Auch zahlreiche Mitglieder und FreundInnen der Akademie verbrachten das ganze Wochenende in den Räumen des Landessportbund Hessen - viele wirkten aktiv bei Organisation und Leitung der verschiedenen Arbeitsgruppen mit.

Die insgesamt neun Panels beschäftigten sich mit historischen und aktuellen Phänomen der Ausgrenzung im Fußball sowie Wegen, solchen Tendenzen vorzubeugen und zu begegnen. Getragen auch von den umfassenden Erfahrungen der TeilnehmerInnen, entwickelten sich dort intensive Diskussionen über Probleme und Strategien. Mit dem gemeinsamen Ziel: Eine Fußballwelt frei von Diskriminierung - vom Profifußball bis in den Amateurbereich.

Eine Utopie, für die es sich zu kämpfen lohnt: Denn Fortschritte waren und sind in den letzten Jahren zweifellos zu verzeichnen. So sei offener Rassismus - in den 1980er Jahren fast Gang und Gäbe - wenigstens in den Stadien der Profivereine kaum mehr zu beobachten, betont Christoph Ruf. Der Journalist und Buchautor hob dabei den Verdienst der Ultra-Bewegung heraus, die die Strukturen in den Kurven seit Beginn der 1990er Jahre grundlegend verändert hätten. UN-Sonderberater und Schirmherr der Veranstaltung Willi Lemke bestätigt: Mit ihrem aktiven Eintreten gegen Diskriminierung seien die Ultras gar "die Speerspitze im Kampf gegen Rassismus und Homophobie".

Engagement, das keineswegs in allen Fan-Szenen gerne gesehen wird: So berichtete ein Mitglied der Aachen Ultras (ACU) über mehr als bedrückende Zustände, die zu Beginn vergangenen Jahres zum Rückzug der Gruppe führte: Drohungen und Angriffen im und um das Stadion folgten gewaltsame Übergriffe von Rechten im Alltag. Schilderungen, die an TeilnehmerInnen und Gästen nicht spurlos vorbei gingen. Kritik erntete dabei der Verein Alemannia Aachen, von dessen Seite nicht nur notwendige Unterstützung ausblieb, sondern der durch fragwürdige Aktionen die Eskalation gar beförderte. Ruf wünschte sich dabei mehr Respekt vor den Engagierten - und eine klare Positionierung im Sinne: "Wer sind die Guten?"

DFB und DFL unterstützen das Engagement

Die Haltung der Vereine ist nur ein Punkt, an dem es in Zukunft anzusetzen gilt - auch mit Unterstützung der großen Verbände DFB und DFL, die mit ihren Stiftungen die Veranstaltung mitfinanzierten, in Person ihrer Präsidenten Wolfgang Niersbach (DFB) und Dr. Reinhard Rauball (DFL) Präsenz zeigten. Beide lobten das Engagement und forderten die Anwesenden auf, weiterhin gemeinsam gegen die bestehenden Probleme vorzugehen und die Zusammenarbeit zu intensivieren.

Kritik aus dem Plenum konterte Niersbach mit Verweis auf die Grenzen des eigenen Einflusses: Auf Grund der Verbandsstrukturen fehle ein direkter Zugriff auf die Vereine, außerdem müsse auch die Politik mehr Verantwortung übernehmen - gerade wenn es um Übergriffe außerhalb der Stadien ginge. Nichtsdestotrotz zeigten beide Bereitschaft, das eigene Engagement zu optimieren. Ansätze dafür dürfte auch ein Brief bieten, den aktive Fans aus Braunschweig, Aachen und Duisburg den Präsidenten mit auf dem Weg gaben.

"Der große Zuspruch ist bestärkend"

Initiator Eberhard Schultz freute sich über den überraschend großen Zuspruch, der bestärkend wirke und Mut mache. Eine Feststellung, die auch von vielen der anwesenden Podiumsgästen geteilt wurde. So zeigte sich etwa Esther Bejarano optimistisch - gerade wegen der vielen jungen Menschen, die der Einladung gefolgt waren. Die Auschwitz-Überlebende selbst beeindruckte das Publikum nicht nur mit ergreifenden Berichten, sondern sorgte gemeinsam mit der 'Microphone Mafia' auch für die musikalische Begleitung des Eröffnungsabends. Nur eines von vielen Highlights im Programm des Wochenendes - das trotz seines Umfangs genug Freiraum für Vernetzung und Kontaktpflege bot.

Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur bedankt sich bei den Initiator_innen und Organisator_innen für die großartige Arbeit!

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