Mit der Fußball-Utopie "Fußball mit dem Feind – Wie aus Gegnern elf Freunde werden" bewirbt sich Dominik Kroll um den mit bis zu 5.000 Euro dotierten easyCredit-Fanpreis 2020. Bewerbungen waren bis zum 31. August 2020 möglich. Alle Informationen zur Teilnahme am Wettbewerb "Fußball-Utopie des Jahres"
"Fußball mit dem Feind" – Wie aus Gegnern elf Freunde werden (von Dominik Kroll)
Rassismus, Antisemitismus, Extremismus in Form von Links- und Rechtsextremismus sowie Islamismus und die Ablehnung von Flüchtlingen und Menschen anderer Geschlechter, Sexualität, Kulturkreise und Hauptfarben nimmt, wie man es in der täglichen Medienberichterstattung und sozialen Medien vernehmen kann, traurigerweise zu.
Fußball als Sport und kulturelle Institution hat dagegen eine integrative Funktion, wie es auch die erfolgreichen Fußballnationalmannschaften von Deutschland und Frankreich bei den WM-Triumphen 2014 und 2018 anschaulich demonstrieren konnten. Der Fußball an sich hat die Fähigkeit Völker und Menschen diverser Hautfarben, Herkunft, kultureller Prägungen, Religionen Sexualität und Sprachen zusammenzubringen. Sie alle werden vereint in der Begeisterung, Liebe und Ästhetik zum Spiel, und in der Dramaturgie um Sieg oder Niederlage, Triumph oder Tragödie.
Warum also nicht die positiven Effekte des runden Leders nutzen, um Menschen zusammenzubringen und zu befrieden, welche sich sonst ideologisch und gesellschaftlich feindlich gegenüberstehen? Meine Utopie sieht deswegen vor ein Fußball-Camp zu veranstalten, in welchem Jugendliche und junge Erwachsene zusammentreffen, welche bereits kriminell im Bereich Rechts- und Linksextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Salafismus und Islamismus geworden sind oder kurz davor stehen in dieses radikale Spektrum abzudriften, sodass mit präventiver Arbeit eine weitere Radikalisierung noch vorzeitig verhindert werden kann.
"Fußball mit dem Feind"– Absichten und Ziele
Im geplanten "Fußball mit dem Feind" – Programm treffen ca. 15-20 Jugendliche und junge Erwachsene aus den oben erwähnten Milieus durchmischt in einer Gruppe zusammen und erhalten die gemeinsame Aufgabe - attestiert von einem Trainerstab und sozialpädagogischem Personal - eine funktionierende Fußballmannschaft zu bilden. Auf einem Trainings- oder Herbergsgelände steht tägliches, gemeinsames Fußballtraining auf dem Programm.
Die sich gegenseitig (ideologisch) feindlich gesinnten jungen Menschen sollen in diesem Camp über die Aktivität Fußball lernen, den "Feind" kennenzulernen, dass dieser ebenfalls ein Mensch aus Fleisch und Blut ist, welcher Bedürfnisse, Gefühle und Wünsche hat und ebenfalls gerne Fußball spielt und gewinnen möchte. Über den gemeinsamen Sport sollen Werte wie Teambuilding, Empathie und Selbstorganisation vermittelt werden, verknüpft mit der Erkenntnis, dass der ursprünglich klassifizierte "Feind" nicht die negativen Eigenschaften der mitgebrachten Ideologie reflektiert, welche Ihm vorher fälschlicherweise zugesprochen wurden.
In der Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen soll sich langfristig über die Tage im Camp eine Gruppenidentität mit einem Zugehörigkeitsgefühl und der gegenseitigen Akzeptanz herauskristallisieren. Die Gruppenmitglieder sollen Ihren ideologiegefärbten Opferstatus verlassen und erkennen, dass der ursprünglich deklarierte "Feind" einem entgegen der eigentlichen Vorstellung akzeptiert und sogar benötigt. Denn nur gemeinsam mit allen lässt sich ein erfolgreiches und funktionierendes Fußballteam realisieren, in welchem die Fähigkeiten und Talente jedes Teammitgliedes benötigt werden. Wer sich bemüht, fleißig trainiert und seine Teammitglieder ins Spiel und Training involviert, erfährt Lob und Anerkennung vom Trainierteam und den einzelnen Mitspielern, welche auch zum gegenseitigen Loben und Motivieren angespornt werden sollen. Über die Integration in die Fußballmannschaft soll vermittelt werden, dass auch im gesellschaftlichen Alltag Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, Religionen, Völkern sowie mit unterschiedlichen Hautfarben einander benötigen und sich helfen können, um gemeinsam täglich zu leben, erfolgreich zu sein und Ziele zu verwirklichen.
Ergänzende Programme abseits des Trainingsplatzes
Neben dem täglichen Fußball- und Sportprogramm, was die körperliche Aktivität fördern und den Aggressions- und Gewaltschub kanalisieren soll, sollen ergänzend weitere Aktivitäten und Programme angeboten werden, welche die gewählten, destruktiven politischen und gesellschaftlichen Ideologien der Beteiligten schrittweise demaskieren und gleichzeitig Raum und Platz für eine Veränderung und ein neues Leben schaffen soll.
Mit Besuchen von Gedenkstätten, Erzählungen, Fragestunden und Vorträgen von Opfern und Tätern von Rassismus und extremistischer Gewalt, soll das Leid der Opfer und die Folgen der Täter für die jungen Menschen herausgestellt werden, sodass diesen aufgrund der vielfältigen Beispiele deutlicher bewusst wird, auf welch negativen Pfaden sie sich in Ihrem Leben bewegen und eine Umkehr aus der Sackgasse der Gewalt- und Hassspirale sofort möglich ist.
Um die alten Wege verlassen zu können, muss parallel hierzu die Möglichkeit offeriert werden, ein alternatives Lebenskonzept zu erarbeiten, um sich eine Vorstellung davon machen zu können, wie die Zukunft aussehen und gestaltet werden kann. In Workshops sollen (Berufs-)perspektiven und Ideen für die Zukunft erarbeitet werden. Über die Visualisierung in Bildern, Collagen und Fotomontagen soll die Kreativität der Heranwachsenden gefördert werden, über den eigenen Tellerrand zu blicken und Zukunftsperspektiven selbst nach eigener Vorstellung und im Gegensatz zu den extremistischen Ideologien ohne Eingriff und Manipulation dritter zu kreieren.
Anstatt andere Menschen mit unterschiedlichen Kulturen, Religionen, Hautfarben und Geschlechtern als "Feinde" zu personifizieren und damit einen künstlichen "Sündenbock" zu installieren, soll der Fokus eher auf gemeinsame, gesellschaftliche Probleme und Herausforderungen für die gesamte Menschheit verwiesen werden, welche ein gemeinsames Handeln aller Menschen erfordert. So ist das Thema Klimawandel, Umwelt- und Artenschutz ganz besonders interessant, weil es alle Personengruppen gleichermaßen betrifft, zum praktischen Handeln gemeinsam in Projekten in der Natur einlädt und dabei wiederum Möglichkeiten schafft Ablenkung von Gewalt zu erreichen, Aggressionen in der Natur abzubauen und Ruhe und Achtsamkeit zu fördern.
Das Themengebiet Digitalisierung ist momentan auch aufgrund der Corona-Krise in aller Munde und lädt dazu ein, auch die spezifischen Interessen und Vorlieben der jungen Generation aufzugreifen. Schulungen und Workshops im Bereich Internet und Soziale Medien müssen angeboten werden, um den jungen Erwachsenen und Jugendlichen die Wirkung und den Umgang mit sozialen Medien zu erläutern, da insbesondere diese von Extremisten genutzt werden, um Jugendliche und junge Erwachsene zu werben und zu radikalisieren.
Als weitere Themen bieten sich Antigewalttrainings und Informationsabende zum Thema Gewalt an, aber auch Männlichkeits-, Frauen- und Geschlechterbilder müssen im Camp eruiert werden, da sowohl im Rechtsextremismus als auch im Islamismus ein frauenfeindliches und frauenverachtendes Weltbild gezeichnet wird. Ergänzend zum Sport bietet sich jederzeit das Thema gesunde und sportgerechte Ernährung an.
Wichtig ist es auch in Begleitung mit Psychologen und Sozialpädagogen Gesprächsabende in einer gemeinsamen Runde durchzuführen, in welcher man über die gegenseitigen Wahrnehmungen, Vorurteile und Ablehnungen des anderen spricht und diskutiert. In diesem Meinungsaustausch können durch psychologische und pädagogische Unterstützung Vorurteile, Ressentiments und Hass abgebaut werden. Die jungen Menschen können durch Austausch und Erörterung in der gemeinsamen Runde Parallelen in ihrem kriminellen Wirken erkennen, z.B. das im Extremismus jeglicher Art immer Feindbilder installiert werden, im Zuge der immer tiefergehenden Radikalisierung immer mehr Gewalt zum Zuge kommt, welche eine immer höher werdende Dimension annimmt, aber dabei nie das empfundene oder eigens kreierte Problem aus der Welt schafft.
Abschluss, Teilnahmeanreize und Teilnahmebedingungen
Den Abschluss des Fußball-Camps "Fußball mit dem Feind" bildet nach ca. vier bis sechs Wochen eine Teilnahme an einem Fußballturnier, wo im Idealfall andere Camp-Mannschaften aus diesem Programm aufeinandertreffen. Im Wettbewerb können sich die gebildeten Teams messen und erfahren und erkennen Erfolgserlebnisse Ihrer zuvor getätigten, harten Arbeit im Fußball-Camp. Das Turnier soll den Teilnehmern vor allem Spaß bereiten, ein Erlebnis und zugleich Event sein und betonen, dass der abschließende Sieg des Turniers nicht so wichtig ist. Jeder Teilnehmer oder Teilnehmerin hat mit der erfolgreichen Partizipation am Programm bereits gewonnen und einen großen Schritt aus dem Kreislauf von Hass, Extremismus und Gewalt gemacht. Als Dank wird abschließend jeder für seine Disziplin und sein Engagement mit einer Abschlussurkunde ausgezeichnet. Durch eine erfolgreich belegte Teilnahme am Programm sollen mögliche Sozialstunden reduziert oder bereits bestehende Haft- und Strafmilderungen eintreten. Dies soll zugleich den Anreiz zum Mitmachen am Programm darstellen, dass eine freiwillige Teilnahme zur Verbesserung der eigenen Straf- und Haftsituation beitragen kann.
Allerdings sollen die Teilnehmer vorher nicht darüber informiert werden, dass Sie sprichwörtlich mit dem "ursprünglichen Feindbild" zusammenarbeiten müssen. Hierbei soll eher ein Überraschungseffekt eintreten und verhindern, dass sich die Teilnehmer im Voraus Gedanken über die direkte Konfrontation mit dem klassifizierten "Feind" machen. Dabei ist sogar noch wichtiger zu verhindern, dass das umliegende Umfeld aus Familie, Freunden und Bezugsgruppen Kenntnis davon erlangt, dass eine Teilnahme an einem Programm mit dem sogenannten "Feind" stattfindet. Bedrohungen, Beeinflussungen zur Ablehnung der Teilnahme am Fußball-Camp bis hin zu Indoktrinationen das Trainingslager zu sabotieren und zu unterwandern, dabei Unfrieden zu stiften und die gewaltsame Konfrontation mit dem Widersacher zu suchen, müssen vorab verhindert werden. Aufgrund dessen findet das Fußball-Camp abgeschottet von der Außenwelt statt, damit keine externen "Störfaktoren" auf die Beteiligten während des Programms einwirken können. Zudem müsste überlegt werden, ob im Vorfeld elektronische Geräte wie Smartphones, Smartwatches oder Tablets eingesammelt bzw. während des Lebens im Camp verboten werden, um ebenfalls einen Einfluss von außen und Ablenkung durch (ideologisierte) Medien zu verhindern.
Jedem Jugendlichen und jungen Erwachsenen muss vor Ankunft in der Trainingsumgebung bewusst vermittelt werden, dass bei gewalttätigen, diffamierenden oder sonstigen kriminellen Handlungen ein sofortiger Ausschluss aus dem Camp erfolgt und die unrechtmäßige Handlung strafrechtliche Konsequenzen mit sich zieht. Wer aus dem Programm ausgeschlossen wird, verwirkt seine Teilnahme und erhält keine weitere Chance mehr mitzumachen! Diese Konsequenz muss letztendlich kompromisslos durchgesetzt werden, um glaubwürdiges Handeln zu demonstrieren und denjenigen Teilnehmern und Teilnehmerinnen nicht zu schaden, welche sich im Camp an die vorher besprochenen und definierten Spielregeln halten und Ihre faire und einmalige Chance zur Veränderung und Rehabilitation Ihrer Person und Lebensperspektive ernsthaft wahrnehmen wollen.
Fazit
"Fußball mit dem Feind" bildet ein einmaliges Projekt, um mit positiven und nicht repressiven Ansätzen jungen Menschen neue Chancen und Perspektiven zu ermöglichen, gegen zunehmenden Hass, Rassismus und Extremismus einen Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden zu leisten und präventiv weitere negativere Entwicklungen im Vorfeld zu verhindern. Miteinander statt gegeneinander lautet das Motto! Zusammen statt allein! Der Fußball kann mit seiner integrativen und teambildenden Funktion helfen Hass, Rassismus und Extremismus abzubauen. Wir müssen ihn nur gezielt, geplant und praxisnah dafür nutzen, damit aus ursprünglichen Gegnern mit der Zeit eine Truppe aus elf Freunden heranwachsen kann.