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Fans Fanpreis

"Eine neue Liga ist wie ein neues Leben"

Eine Ligareform nach Vorbild der NFL stellt Ralf Panzer zur Diskussion – inklusive Gehaltsobergrenzen, gerechter Geldverteilung und mit insgesamt 40 auf Konferenzen und Divisionen verteilten Vereinen.

Mit der Fußball-Utopie "Eine neue Liga ist wie ein neues Leben" bewirbt sich Ralf Panzer um den mit bis zu 5.000 Euro dotierten easyCredit-Fanpreis 2020. Bewerbungen sind noch bis zum 31. August 2020 möglich. Alle Informationen zur Teilnahme am Wettbewerb "Fußball-Utopie des Jahres"

 

Eine neue Liga ist wie ein neues Leben (von Ralf Panzer)

Corona – der Ausgangspunkt zum Umdenken

"Irgendwann wird die Blase platzen!"
Dass ausgerechnet eine Pandemie König Fußball ins Wanken bringen würde, hatte zu Beginn der noch frischen Dekade keiner geahnt. Im Gegenteil, denn die goldenen 20er-Jahre sollten schließlich noch mehr Geld in das System Fußball pumpen. Glorreiche Zeiten, mit immer höher dotierten TV- und Medien-Verträgen, astronomisch ansteigenden Ablösesummen und Spielergehältern und noch mehr wahnwitzigen Wettbewerben – für den Fußball hieß es "The sky is the limit".
Doch dann kam Mitte März 2020 mit Corona alles anders und zeigte, dass es dem Fußball tatsächlich nur um den schnöden Mammon ging. Man erkläre das bitte mal einer Person in einem systemrelevanten Beruf! Geld regiert die Welt! Und da viele Vereine hinsichtlich der Finanzen auf Kante genäht sind und aufgrund der Pandemie und des damit verbundenen Lockdowns ohne TV-Übertragungen und Zuschauereinnahmen Millionendefizite einfuhren, so dass gar Fans finanziell in die Bresche springen mussten, drohte einigen gar die Insolvenz und Löschung aus dem Vereinsregister.

Corona bietet dem Fußball nunmehr eine nicht für möglich gehaltene Chance sich zu reinigen, zumindest zu verändern und möglicherweise wieder ein wenig Glaubwürdigkeit zu erringen. Dass sich weiterhin vieles ums Geld drehen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche, aber wie kann man dem Einhalt gebieten? Wie kann man den schmalen Grat zwischen maximaler Einnahmengenerierung und finanzieller Potenz auch in schwierigen Zeiten halbwegs sicherstellen?
Schließlich klagen die Vereine über zu viele Partien und zu hoher Belastung des kickenden Personals, die Fußball-Vermarkter indes möchten immer mehr Matches in die Wohnzimmer und Kneipen übertragen. Neue Wege zu gehen ist gefragt und sind sie auch noch so absurd.

Änderung des Ligensystems als Lösung?

Das Deutsche Ligensystem – insbesondere die Bundesliga und 2. Bundesliga - mit seinen Auf- und Absteigern ist nahezu fest in Stein gemeißelt. Und auch die Tatsache, dass die Gehälter des kickenden Personals stets steigen scheint nicht mehr umkehrbar. Ein Blick in die Anfangstage des Fußballs um 1900 bis heute verdeutlicht die kontinuierlich wachsenden Konten der Balltreter. Kurzum, der heutige Fußball ist ein kapitalistischer Sport.
Warum sollte sich aber aus jenem kapitalistischen System nicht ein sozialistisches entwickeln können? Man muss das Rad nicht neu erfinden, denn ein Blick über den großen Teich in die USAmerikanischen Sportligen genügt, um sich Anregungen holen zu können. Ausgerechnet die als kapitalistisch verschrienen Vereinigten Staaten von Amerika haben ein sozialistisches Sportsystem, es klingt schon fast ironisch, zumal manch Spielergehälter denen eines Profifußballers von Weltklasseformat in nichts nachstehen.

Der Modus der neuen Liga

Ein Widerspruch? Mitnichten, denn es werden tatsächlich alle Seiten befriedigt: Vereine, Spieler, Fans und Rechteinhaber! Am Beispiel der NFL (National Football League) kann man das getrost aufzeigen.
Immer mehr Traditionsvereine jammern darüber, dass die "neureichen Plastikvereine und Konstrukte" ihnen die Bundesligaplätze wegnehmen bzw. mit Investoren wegkaufen. Geld schießt Tore! Daran mag auch die Schutzregel von 50+1 wenig ändern.
Um jenen Trend zu stoppen und sowohl den potenten Vereinen wie auch den Traditionsvereinen gerecht zu werden, muss die Liga vergrößert werden – auf 40 Clubs! Diese 40 Vereine teilen sich dann auf zwei Konferenzen auf, eine im Norden und eine im Süden à 20 Vereine. Innerhalb einer Konferenz gibt es vier Divisionen mit jeweils fünf Mannschaften. Die Aufteilung in Divisionen garantiert jede Saison Derbys en masse, namhafte Duelle vieler Rivalen aus längst vergangenen Zeiten leben wieder auf und elektrisieren die Massen.
Eine solche Einteilung bietet sogar einen Vorteil für Clubs und TV-Vermarkter, denn die Mannschaften in der regulären Saison haben zwei Spiele weniger als in einer 18er-Liga (32 statt 34), wohingegen die zu übertragenden Partien für die Rechteinhaber auf über das doppelte steigen (640 statt 306, ein Spieltag beinhaltet 20 Partien)! Fußball satt!

Am Beispiel des SV Darmstadt 98, auch als Lilien bekannt, möchte ich eine mögliche Saison skizzieren:

Die Lilien spielen in der Süd-Zentral-Division mit Eintracht Frankfurt, Mainz 05, Kickers Offenbach und der TSG Hoffenheim zusammen. Hierbei tragen sie jährlich je ein Heim- und ein Auswärtsspiel aus (8 Partien).
Zudem treffen sie im dreijährigen Rotationsrhythmus immer wieder auf eine andere Division der eigenen Konferenz mit je einem Heim- und Auswärtsspiel, in diesem Beispiel die Süd-Süd-Ost-Division (man könnte sie auch Division Bayern nennen), so dass weitere 10 Partien dazukommen.
Aus den beiden anderen Divisionen werden gegen den Gleichplatzierten des Vorjahres jeweils zwei Heim- und Auswärtsspiele absolviert (4 Partien).
Im vierjährigen Wechsel kommt es dann zu sogenannten Interkonferenz-Begegnungen mit jeweils einer der vier Divisionen aus der Nord-Konferenz. Im abgebildeten Beispiel wäre es die Nord-Zentral-Division mit jeweils fünf Heim- und fünf Auswärtsspielen (10 Partien).

Durch diesen Spielplan ist gewährleistet, dass zumindest alle vier Jahre der Klassiker zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund ausgetragen wird, da beide Vereine ja in verschiedenen Konferenzen antreten, und daher nicht inflationär stattfindet. So kann man sich als Fan auf ein "besonderes Spiel" freuen, was nicht jede Saison x-mal stattfindet.

Nach Abschluss der regulären Saison starten die Playoffs mit Hin- und Rückspielen. Dafür qualifizieren sich innerhalb einer Konferenz die vier jeweiligen Divisionssieger, zzgl. der vier punktbesten Teams. Hier wird nach Setzliste vorgegangen, so dass der Vorrundenprimus stets auf die schwächste Playoff-Mannschaft trifft und immer das Rückspiel im heimischen Stadion austrägt.

Bis zum Endspiel um die Deutsche Meisterschaft, das vorzugsweise in der Hauptstadt Berlin stattfinden sollte, stehen in der eigenen Konferenz mit Viertelfinale, Halbfinale und Finale nochmal sechs Partien an je Team an.

(Dass es bei der Auswahl der 40 Clubs Härtefälle bei den Nichtberücksichtigten gibt, ist leider nicht von der Hand zu weisen. Aber auch bei Gründung der Bundesliga im Jahr 1963 gelangten lediglich 16 Vereine in den elitären Kreis. Immerhin kann dieses utopische Ligamodell jederzeit problemlos um acht Vereine erweitert werden, so dass dann in jeder Division sechs Teams antreten könnten.)

Gehaltsobergrenze (Salary-Cap)

Zzgl. zum veränderten Ligamodell wird die Salary-Cap eingeführt, was aber nicht zwingend mit einer individuellen Gehaltsobergrenze eines einzelnen Spielers gleichzusetzen ist. In der NFL wurde die Salary-Cap in der abgelaufenen Saison 2019 auf 188,2 Millionen Dollar (ca 168 Millionen Euro) pro Team festgesetzt. Allerdings bestehen die Football-Kader auch aus 53 Spielern. Bei einem 25-Mann-Kader eines Bundesligisten läge das prozentuale Volumen dann bei 74,5 Millionen Euro, der Durchschnittsverdienst pro Spieler somit bei knapp drei Millionen Euro pro Jahr. Die Kunst besteht also darin, dass sich jeder Verein mit dem zur Verfügung stehenden Budget Gedanken machen muss, welchen Spieler er wie angemessen entlohnt. Somit können zwar immer noch exorbitante Gehälter für Topstars bezahlt werden, allerdings zu Lasten des restlichen Kaders.
Die Gelder aus Übertragungsrechten sollten gleichermaßen gerecht auf die 40 Teams aufgeteilt werden, so dass es nicht zu dem Szenario kommt, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.
Da auch die Zuschauereinnahmen einen nicht unwesentlichen Teil des Budgets beinhalten, aber nicht jeder Verein dieselben Zuschauerkapazitäten in seinen Stadien- bzw. Arenen bieten kann, sollen sämtliche Ticketeinnahmen gerecht zu gleichen prozentualen Anteilen untereinander aufgeteilt.

Dieses finanzielle Modell garantiert Spannung und verhindert zu einer hohen Wahrscheinlichkeit einen Serienmeister. Der finanzielle Rahmen bietet jedem Verein gleiche Möglichkeiten beim Angriff auf die Meisterschaftstrophäe. Clevere Kaderzusammenstellungen sind nunmehr gefragt, Homogenität, vielleicht sogar menschliche Charaktereigenschaften… Der finanziellen Gier kann Einhalt geboten werden.

Da es in diesem Modellbeispiel keine sportlichen Absteiger gibt, entfällt es für die Clubführungen bei sportlichem Misserfolg ins finanzielle Risiko zu gehen. Verschuldungen und Insolvenzen werden so vermieden, sportliche Kontinuität und Konkurrenzfähigkeit blieben gewährleistet.
Nachteilhaft bei diesem Utopiemodell ist natürlich die fehlende Spannung im Abstiegskampf und die internationale Konkurrenzfähigkeit in europäischen Wettbewerben (sofern andere Topligen nicht auch zu jenem Modus übergehen). Aber dürstet es dem Gros der Vereine und Fans nicht ohnehin mehr nach einer nationalen Meisterschaft, als nach dem Gewinn der Championsleague-Trophäe?

Fazit

Eine Modifikation der Bundesliga nach Vorbild der NFL kann helfen gerechte(re) Wettbewerbsvoraussetzungen zu schaffen und ist durchaus denkbar und durchführbar. Vorteile allenthalben für Vereine (sichere Finanzen, erfolgreiche Epochen, kein Abstieg), TV-Rechteinhaber (mehr zu übertragende Spiele in den Medien) und Fans (Derbys in Hülle und Fülle innerhalb der eigenen Division, Nostalgiker fühlen sich an die Oberligen vor Einführung der Bundesliga erinnert), nicht inflationär stattfindende Highlights (Bayern – Dortmund wird wieder etwas Besonderes), wechselnde Meister, …
Wie sagt man so schön: Eine neue Liga ist wie ein neues Leben!

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