"Diese Industrie ist zutiefst geistlos"

Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur hat 2019 zum Trauerjahr um den Fußball gemacht - Thomas Kistner ist für die Süddeutsche Zeitung seit Jahren mit den Schattenseiten der Branche befasst und teilt im ausführlichen Interview seine Gedanken.

Thomas Kistner ist einer der profiliertesten deutschen Sportjournalisten und beschäftigt sich für die Süddeutsche Zeitung seit vielen Jahren intensiv mit den Themen Doping, Korruption und Sportpolitik. Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur hat im Jahr 2012 Kistners Buch Fifa Mafia als Fußballbuch des Jahres ausgezeichnet und sich nun mit ihm zum Interview getroffen. Der Fußball ist tot lautet das Jahresmotto der Akademie für 2019. Zu dieser etwas provokativen Grundannahme hatte Kistner interessante Gedanken beizutragen. Es geht dabei, klar, um die Fifa, aber auch um seine Ansichten zum Zustand und Zukunft des Fußballs.


DAFK:
Herr Kistner, seit vielen Jahren schon beschäftigen Sie sich als Journalist mit den Schattenseiten des Fußballgeschäfts. Unermüdlich weisen Sie auf Missstände in Verbänden und auf das Fehlverhalten der Protagonisten hin. Doch das Geschäft mit dem Fußball wächst weiter exponentiell. Weshalb bleibt Ihrer Meinung nach der große gesellschaftliche Aufschrei aus, den offensichtlicher Machtmissbrauch und Korruption eigentlich nach sich ziehen sollten?

Thomas Kistner: Zwischen dem Sport in seiner gesellschaftspolitischen Funktion und allen anderen gesellschaftlichen Bereichen gibt es einen grundsätzlichen Unterschied. Zum Sport strömt das Publikum mit dem Wunsch, dort den schönen Teil des Lebens, die Freizeit zu verbringen. Sport ist Unterhaltung, Leidenschaft, Passion. Und dabei will niemand gestört werden durch Berichterstattung, die das wahre, hässliche Gesicht zeigt. Es gibt Menschen, die ihr Leben bedingungslos an den Fußball koppeln, die gehen nicht nur in Klub-Bettwäsche schlafen, die richten ihren ganzen Lebensrhythmus nach den Spieltagen ihrer Mannschaften aus. Die leben Fußball. Von diesen Menschen darf man nicht erwarten, dass sie ihren Glauben in Frage stellen. Die ältere katholische Dame hinterfragt zum Lebensabend ja auch nicht, ob das jetzt mit dem Glauben so seine Richtigkeit hat und sie jetzt noch konvertieren soll. Dann gibt es den Teil des Publikums, den der Eventcharakter anzieht. Das ist kein Publikum, das immer dabeibleibt, die springen einfach ab, wenn der Trend vorbei ist. Und es gibt den kundigen Teil des Publikums, der eine erhöhte Wahrnehmungsschwelle besitzt. Diese Menschen wissen, dass etwas faul ist. Und sie reagieren bereits. Man kann das sehr gut an der ablehnenden Haltung der Wähler bei Volksabstimmungen über Olympische Spiele beobachten. Diese Menschen lehnen ja nicht den olympischen Sport und die Athleten ab, sondern ganz explizit die Funktionäre und deren Ansprüche, die man nicht im Land haben möchte. Mit der Fußball-WM verhält es sich noch ein bisschen anders, aber mit der Fifa will ja auch hierzulande niemand mehr gesehen werden. Fifa ist ein Synonym für Korruption. Wenn ein Kabarettist das im TV benennt, weiß jeder sofort, was gemeint ist. Es ist in den Sprachgebrauch übergegangen. Die öffentliche Wahrnehmung ist also da, und wenn eine große Sauerei passiert, dann verdrängt das locker alle anderen Themen aus den Schlagzeilen. Etwa die Festnahmen bei der Fifa durch das FBI im Jahr 2015. Oder das offenbar gekaufte Sommermärchen, oder die diversen globalen Doping-Affären.

Da reicht es schon einmal für die Titelseite, aber es folgen ja rasch wieder ganz andere Schlagzeilen.

Das ist nun einmal so. Die Menschen reden auch nicht jeden Tag über den Dieselskandal. Die Berichterstattung über die Fifa & Co. hat heute eine ganz andere Rezeption, als es früher der Fall war. Als ich begann, über diese Themen zu schreiben, waren das Fußnoten und Kurzmeldungen, hätten die meisten Menschen nicht einmal den Unterschied benennen können zwischen DFB, IOC und Fifa, das war alles ganz weit weg. Jeder, der ein bisschen sportkundig ist, weiß heute mit dem Wort Fifa etwas ganz Konkretes zu verbinden, das war vor Jahren noch undenkbar. Durch die WM 2006 gab es einmal ein kleines Aufflammen, da viele es mit den Fifa-Bossen persönlich zu tun bekamen. Ansonsten war das kein Thema. Durch die WM-Vergabe an Katar, dem Paradebeispiel einer offenkundig korrupten WM-Vergabe, den damit einhergehenden politischen Themen, problematischen Arbeitsbedingungen dort und anderen dubiosen Konstellationen bleibt die Flamme diesmal am Lodern. Die öffentliche Meinung ist die, dass wir hier im Weltfußball einen Haufen Ganoven haben, die mit Geld um sich schmeißen. Und draußen auf der Bühne wird Fußball gespielt, es ist das letzte kostbare gemeinsame Gut. Ein Gut, bei dem jeder vernünftige Mensch ohnehin ein mulmiges Bauchgefühl besitzt und trennen muss im Geiste: Wie kann es denn sein, dass das Produkt, konvertiert in eine solche gnadenlose, inter- und transnationale Geldmaschine, verlinkt mit dubiosen Geschäftsleuten, gelenkt und gesteuert von zweifelhaften Funktionären, tatsächlich sauber sein kann? Diesen Spagat in Sachen positiv Denken muss der Fußballinteressierte hinbekommen, da darf man den Punkten, die das Spiel an sich betreffen, nicht groß hintersinnen. Eine Schlussfolgerung ergäbe dann ja die andere, viele Praktiken und Notwendigkeiten in einer so korrupten Welt liegen ja auf der Hand.

Die Berichterstattung über den Weltverband Fifa ist einer der Schwerpunkte Ihrer journalistischen Arbeit. Ihr Buch „Fifa Mafia“ wurde 2012 zum Fußballbuch des Jahres gekürt. Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie sich als Reporter dem Komplex Fifa zugewendet haben?

Seit Anfang der Neunzigerjahre wurde der Sport deutlich politischer. Wenn man bei einer überregionalen Zeitung tätig und politisch interessiert ist, dann lag es nahe, dass man sich die Strukturen im Sport ansieht. Das sportpolitische Thema hatte sich seit der Zeit, als das große Geld in den Fußball kam, immer mehr in den Vordergrund geschoben. Ähnlich wie in der olympischen Welt Anfang der 1990er Jahre, als es zur Wiedervereinigung kam, zu Dopingimplikationen. Als gewaltige sportpolitische Interessensphären ständig aufeinander eingewirkten. Eine überregionale Zeitung muss damit ja irgendwie umgehen. Und wenn dort Korruption vorherrscht, fragwürdige Seilschaften zu entdecken sind, dann recherchiere ich das. Es ist nicht so, dass ich mir die Fifa ausgeguckt habe. Vielmehr musste ich feststellen: „Um Gottes Willen, was ist da denn los?“

Wann haben Sie sich bei Ihren Recherchen das erste Mal richtig erschrocken?

Es ist schwierig, das konkret zu fassen. Ein wirkliches Schlüsselerlebnis gab es nicht. Die Verbände waren zu dieser Zeit auch gar nicht bereit, mit Journalisten zu kommunizieren, mit den Medienabteilungen konnte man nie etwas anfangen, das ist auch heute noch so. Nur sind es jetzt PR-Agenturen, die als Pressestab getarnt die Arbeit verrichten. Man merkt natürlich sehr schnell, wenn man wegen eines Sachverhalts anfragt, dass man keine wahrhaftigen Auskünfte bekommt, dass nur vertuscht wird. Wenn man dann weitergräbt, was man als Journalist ja erst recht tun sollte, wenn es gewisse Anhaltspunkte gibt, dann erreicht man schnell den Punkt, an dem man sich die einzelnen Akteure näher ansehen muss. Gerade wenn man in einem Betrieb recherchiert, der sich selbst als Familie bezeichnet. Ich wollte verstehen, wie die einzelnen Familienmitglieder miteinander verwoben sind, habe mir die Biografien der einzelnen Funktionäre vorgenommen, ihr Wirken im Ursprungsland. Ganz oft hat sich gezeigt: Oha! Das ist aber eine spezielle Sorte von Ehrenmann. Interessant war es etwa Ende der 1990er, als der Skandal um die Olympiabewerbung von Salt Lake City begann. Da gab es den Fall, dass ein IOC-Mitglied seine Mitgliedschaft an seinen Sohn weiterreichte, eine royalistische Absurdität. Ein anderer Funktionär dort mit dem Anspruch, die Weltjugend zu erziehen, war unter dem Schlächter Idi Amin Sportminister in Uganda. Es stellte sich heraus, dass er via Radioansprache ganze Dörfer mit Auslöschung bedrohte, sollten die Einwohner nicht angeblich dort lebende Rebellen ausliefern. Das waren teils nicht mal mehr halbseidene Geschäftsmänner, sondern ganz brutale Typen, die überall hingehörten, sicher aber nicht in einen Ehrenzirkel.

Läuft das im Regelfall nicht alles viel subtiler ab?

Ganz und gar nicht! Deshalb war die Recherche in den ersten Jahren sehr einfach. Denn der Sport unterscheidet sich von anderen Geschäftsbereichen durch eine weitere Besonderheit. Er ist autonom, garantiert durch die Staatengemeinschaft. Das ist völlig absurd, ein Relikt aus Turnvater Jahns Zeiten, als dem Sport noch Amateure dienten und dieses Privileg zurecht gewährt wurde. Und im Amateursport ist dies auch heute noch völlig legitim.

Diese Autonomie reklamiert die professionalisierte Sportwelt ja auch weiterhin für sich. Eine etwas bizarre Forderung angesichts des gesellschaftlichen Gewichts, dass einzelne Verbände besitzen.

Das Bizarre ist, dass die Autonomie einfach weiterbesteht. Auf der Grundlage des Amateurstatus konnten Verbände dies alles noch für sich reklamieren. Bis zur Einführung des Profifußballs hat es hierzulande ja lange gedauert. Mit Hängen und Würgen konnte man es in den Übergangszeiten akzeptieren, naja, jetzt geht es eben um ein paar 1000 Mark mehr. Als Fußball dann aber zum Milliardenspiel wurde, als die TV-Gelder und damit auch die großen Sponsoren hinzukamen, etwa ab Mitte der 1970er Jahre, seit Fußball der größte Teil der globalen Unterhaltungsindustrie wurde, spätestens ab diesem Zeitpunkt war und ist es ein Witz, dass in diesem unternehmerischen Saustall, der es dann ja geworden ist, eine eigene Gerichtsbarkeit waltet.

Sehen Sie das Modell des eingetragenen Vereins im Fall des DFB und der Fifa eher skeptisch?

Ich bin ein Freund des eingetragenen Vereins, aber ein Milliardenkonzern wie die Fifa ist kein Verein. Der DFB genauso wenig.

Die Verbände sehen dies aber völlig konträr.

Verständlicherweise. Aus deren Perspektive ist das selbstverständlich das Ziel.

Erst jüngst wurden ja interne Warnungen eines DFB-Justitiars publik, der davor warnte, dass überhöhte Spesenabrechnungen den Verlust des Vereinsstatus zur Folge haben könnten.

Die immense Macht, die so ein Sportverband besitzt, und es ist schon ein Unterschied, ob wir vom DFB oder vom Curlingverband sprechen, die speist sich natürlich daraus, dass er ganz tief in der Politik verankert ist. Der DFB wird durch einen ehemaligen Bundestagsabgeordneten regiert, Reinhard Grindel saß für die CDU im Parlament, zwar auf der Hinterbank, er war aber ein reiner Berufspolitiker.

Nun, er leitete zeitweise den Sportausschuss im Bundestag.

Ja, die Verzahnung ist immens. Frau Merkel hat meines Wissens in ihrer ganzen Amtszeit nur einmal denselben Termin zweimal besucht, das war die Fußball-WM 2014. Für einen politischen Regenten ist es natürlich unverzichtbar, nicht nur in Deutschland, den Kopf vor die Kamera zu kriegen, wo immer die ganze Nation jubelt. Nirgendwo kann ich Empathie, nationales Gefühl und Siegerfeeling besser transportieren. Stellen sie sich vor, Frau Merkel stünde in der Kabine der Nationalmannschaft und tröstet die Spieler, nachdem diese von Brasilien mit 1:7 den Hintern versohlt bekommen hätten. Sich mit Verlierern zeigen, das ginge allenfalls nach großem Kampf und wenn für die Verlierer Sympathie besteht. Eine Loser-Truppe werde ich als vom Wahlvolk abhängiger Politiker nicht mit meiner Anwesenheit beehren. Merkels berühmter Auftritt mit Özil, die große Multi-Kulti-Botschaft, das ist alles am DFB vorbei passiert. Nach dem Länderspiel gegen die Türkei marschierte der Regierungstross einfach in die Kabine und da stand sie dann dem oberkörperfreien Özil gegenüber, mit ihrem mitgebrachten Fotografen. So läuft das. Durch diese Verzahnung überkommen uns natürlich auch unschöne Gefühle, wenn es dann zur sogenannten Aufklärung des Sommermärchens kommt, die natürlich keine echte Aufklärung war oder ist. Auch bei Steuerverfahren und anderen Fragwürdigkeiten geht der Staat nicht immer so richtig ran, wenn man das mit der Ahndung von Vergehen der Normalbürger vergleicht. Da gibt es immer wieder spürbar die schützende Hand des Staates über diesen zentralen Teil der Vertreter der sportpolitischen Wohlfühlseite. Das ist hierzulande noch einmal stärker ausgeprägt als in manchen anderen Ländern der ersten Welt.

Unschöne Gefühle bekam man als Beobachter gegenüber dem Weltverband bereits, als dieser noch von Joseph Blatter geleitet wurde. An dieser Ära haben Sie sich lange abgearbeitet, die Protagonisten der damaligen Fifa haben zumeist ein unrühmliches Ende gefunden.

Von 24 Vorstandsmitgliedern der damaligen Fifa-Exekutive, die bei der WM-Vergabe an Russland und Katar abgestimmt haben, sind nur zwei bislang nicht mit dem Staatsanwalt konfrontiert worden

Empfindet man als langjähriger Mahner Genugtuung in dem Augenblick, wenn Strippenzieher und Figuren wie die Herren Havelange, Teixera, Leoz oder Warner verurteilt werden?

Nein, es gibt da weder Befriedigung noch Empörung. Auf gewisse Art verstehe ich deren Treiben sogar. Die machen es, weil sie es machen können. Empörend ist allenfalls, wie rechtsstaatliche Instanzen damit umgehen. In einer Autokratur wie Russland ist es nicht weiter verwunderlich, wie ein Putin das Thema Staatsdoping negiert und Sauberkeit vorgibt. Hier aber stellt es sich anders dar. Angefangen mit Behörden, die bei Korruption im Regelfall nicht von selbst tätig werden, sondern an anderen Reglern ziehen, etwa mit gebremsten Schaum ermitteln. Oder generell das Wahrnehmungsdefizit insbesondere auch in den Medien, die in der Welt des Sports eigentlich eine besondere Verpflichtung haben. Überall haben wir rechtsstaatliche, juristische Instanzen, die den Rahmen vorgeben. Im Dieselskandal kann VW nicht einfach ein Gremium gründen, es mit Managern der eigenen und anderer Auto-Firmen besetzen und autonom, sprich: völlig intern, über die Sanktionen entscheiden. Das wäre lächerlich. In Wirklichkeit sitzt dann der Audi-Chef in U-Haft oder ein Herr Winterkorn kann das Land nicht mehr verlassen, ohne eine Auslieferung in die USA befürchten zu müssen. Im Sport, und nur dort, ist es aber absurderweise so, dass man das einfach selber regelt. Zugespitzt gesagt: Mein Bruder, mein Cousin, der Nachbar und dessen Stiefbruder bilden dann eine Jury, ein Sportgericht oder einen Ausschuss. In dieser Welt des Sports müssten also Medien viel stärker als Korrektiv arbeiten, als in anderen Bereichen. Der klassische Investigativjournalist ist ja sehr oft keineswegs derjenige, der selber Missstände aufdeckt, sondern einer, der an Unterlagen kommt, der über schon bestehende Akten laufende Verfahren publik macht. Im Sport muss überwiegend selbst recherchiert werden. Auf Grundlage von eigenen Recherchen, Enthüllungen oder einer starken Verdachtsberichterstattung werden dann Behörden aktiv. Im Sport herrscht also das umgekehrte Prinzip. Hier müsste die Presse wirklich die vierte Gewalt sein, weil die Justiz bis zu einem gewissen Grad völlig ausfällt.

An kritischer Berichterstattung herrscht aber naturgemäß vor allem dort wenig Interesse, wo Medien für teures Geld Senderechte erwerben und das Produkt selbst vermarkten. Das öffentlich-rechtliche TV steht vor einem ähnlichen Problem.

Im privaten TV sind im eigentlichen Sinn gar keine echten Sportjournalisten unterwegs, da darf ganz überwiegend gejubelt werden. Nischen-Fernsehen, wo sich ehemalige Kicker die immerselben Anekdoten um die Ohren hauen. Bei den öffentlichen Sendern ist die Frage entscheidend, wie sie mit dem Thema umgehen. Da geht's um Gebührengelder.

So richtig offensiv wirkt das nicht immer.

Das ist der Punkt. Aufgabe der Medien ist natürlich auch die Übertragung und Abbildung. Es aber einzuordnen, das ist der politisch entscheidende Aspekt.

Sind sie zufrieden mit der Art und Weise wie etwa ZDF und ARD diese Probleme einordnen?

Natürlich nicht. Zumindest bewegen sich die Anstalten ein kleines bisschen, in dem Sinne, dass sie sich hier und da tatsächlich einen investigativen Mitarbeiter leisten, etwa beim Thema Doping, und damit auch gute Erfahrungen gemacht haben. Sie haben gemerkt, dass man da mordsmäßig etwas für das eigene Renommee machen kann. Und das ist ja auch eine Leistung. Tatsächlich aber, wenn man die Verhältnisse in der Kollegenschaft ein bisschen kennt, sieht man, dass es auch dort einen riesigen Clan von Berufsjublern gibt. So möchte ich nicht alle bezeichnen, wohlgemerkt, aber viele. Die leben ihren Traum, sind Fans, die es über die Absperrung geschafft haben und das eben auch so zelebrieren. Mit nationalem Überschwang, patriotischer Energie zur Überhöhung des Produktes beitragen. Etwa beim Biathlon. Da werden zuckersüße Zauberkulissen aufgebaut, hinter die man sehr schwer blicken kann. Der ehemalige österreichische Langläufer Dürr, selbst ein Wiederholungstäter, hat neulich ein Steinchen Richtung Deutschland geworfen und plötzlich stellen sich renommierte deutsche Wintersportler hin und markieren ihn als einzelnes schwarzes Schaf. Wollen wir kurz ins Archiv gehen und zusammenzählen, wie viele Dopingfälle es allein im Langlauf oder Biathlon in den letzten Jahren gegeben hat? Wenn Sportler so reagieren, dann muss man eigentlich sofort ein investigatives Team darauf ansetzen.

Wie lange kann das alles noch gut gehen?

Im Sport ändert sich alles erst zum Guten, wenn der Bogen überspannt ist, dann wird ganz schnell nachgebessert. Vorher gibt es ja überhaupt keinen Grund dazu, es profitieren ja alle. Denn es geht ausschließlich um Gewinnoptimierung und um nichts Anderes. Im zweiten Schritt dann um die Abschirmung vor neugierigen Fragen und Augen. Das ist das Geschäftsprinzip. Beim Fußball blicken wir auf eine Industrie, die immer größere Milliardensummen durch die Weltgeschichte transferiert. Weshalb? Weil der gleiche schlichte Kicker jetzt eben zehn Millionen, 20 oder 80  mehr kostet, der Markt hat sich halt so entwickelt. Der Markt! Da hockt dann so ein junger Kerl mit 20 oder 22 Jahren, oft genug kommt er direkt von der Straße, und kann seine Freundin oder auch die Nebenfreundin gar nicht genug zuwerfen mit all dem Geld. Profitieren tun natürlich auch die eigentlichen Akteure im Hintergrund, vorneweg die Berater. Es ist ein völlig sinnloser, alles andere als schätzenswerter Prozess. Das gehört eigentlich gestoppt, weil es nicht sinnloser geht – und in modernen Zeiten auch nicht geschmackloser.

Sollte sich der Fußballbetreib dazu verpflichten, einen Teil der Investitionen und Gewinne an soziale Zwecke zu binden? Es gibt ja hier und da zaghafte Versuche, CSR-Maßnahmen zu etablieren.

Das halte ich für völlig illusorisch. Das ganze Geschäft ist, leidenschaftslos betrachtet, nur auf Gier aufgebaut. Jeder hängt davon ab, dass es immer mehr wird. Im Sport generell, aber auch im Fußball, der ja mittlerweile schon größer ist als der Gesamtsport um ihn herum. Und es gibt ein Kriterium, das völlig außer Acht gelassen wird: Diese Industrie ist zutiefst geistlos. Nennen sie mir einen einzigen intellektuellen Kopf, einen reflektierten Denker, in irgendeiner wichtigen Position. Inzwischen sitzen schon die Abgesandten der Scheichs in den Topebenen der Verbände. Das ja – aus Ländern, die Fußball nur als Importware kennen. Aber für Klugheit, Weisheit, Esprit ist in der Welt des Fußballs kein Platz. Nur für die Tröte der Fans.

Die Top-Positionen im Fußball-Business sind ja, zumindest auf der sportlichen Seite, an keine spezifische Ausbildung gebunden. Das könnte im Prinzip "jeder" machen.

Wie heißt der größte, der bekannteste deutsche Verein?

Bayern München

Und wie heißt der Sportdirektor?

Hasan Salihamidžić

Richtige Antwort. Auch wenn es nur ein Bespiel ist, das derzeit prominenteste. Die Frage lautet: Wer oder was ist eigentlich gewünscht? Der gute Salihamidžićzum Beispiel ist ja nicht vom Himmel gefallen, den kennt man ja. Wenn ich den einstelle, in dieser bedeutenden Rolle, gehe ich davon aus, dass es gewünscht ist.

Ist das ein System-Fehler?

Innerhalb des Systems ist das ganz richtig so.

Die Protagonisten hinter den Schreibtischen wirken heutzutage ja auch optisch relativ austauschbar, in ihrer Uniform aus weißen Turnschuhen, Jeans und Sakko.

Richtig. Aus Sicht des Systems ist es goldrichtig, immer mehr Ex-Spieler zu involvieren, die Kabinengeruch und Popularität mitbringen. Wir brauchen Brazzos an allen öffentlichen Schaltstellen. Und die Vereinspatrone walten dann still an den wichtigsten Positionen. Aus Sicht des Systems ist das perfekt.

Die wichtigsten Akteure des Fußballs spielen ja in der Schweiz, bei der Fifa. Wir hatten das die Ära Blatter kurz angesprochen, die ist Geschichte. Kurz darauf gab es sogar etwas Hoffnung auf Transparenz, Offenheit, dass es nunmehr sauberer zugeht in Zürich. Und dann kommt der neue Präsident und alles wird, zumindest wirkt es so aus unserer Perspektive, noch viel schlimmer als vorher.

Den Eindruck kann ich bestätigen.

Was genau macht Fifa-Präsident Gianni Infantino denn nun "besser" als sein Vorgänger?

Er ist skrupelloser. Er kennt den Betrieb aus seiner Zeit bei der Uefa. Und er ist ja schon so angetreten. Sein Wahlkampf lag absolut in der Spur der alten Potentaten. Auf der kleinsten Karibikinsel gibt es einen Fußballverband. Dort ist nicht mal so viel Platz, dass es für ein Fußballfeld reicht, aber es gibt auch dort einen Präsidenten, und dessen Bruder ist Vize, der Sohn ist Schatzmeister, Und sie kriegen jetzt noch viel mehr Millionen an Fördergeldern von Infantinos Fifa überwiesen. Daran hat sich ja nichts geändert

Und diese Kleinstverbände werden nun mit noch mehr Geld beglückt?

Genauso ist es. Diese Länder besitzen alle die gleiche Stimme bei Entscheidungen der Fifa wie der DFB mit seinen sieben Millionen Mitgliedern. Sie können ja mal die Liste aller Fifaländer durchgehen, wie viele es dort gibt, die alle gemeinsam nicht auf sieben Millionen kommen – nicht sieben Millionen Mitglieder, sondern sieben Millionen Einwohner.

Das war ja schon vor Infantino Politik der Fifa-Granden und wirkte so durchaus gewollt.

Als nächstes kommt noch der Vatikan. Und warum? Weil ich mir so die Macht sichere. Dafür brauche ich England und Deutschland nicht, wenn ich doch Laos und Lesotho habe. Dort gibt es teilweise nicht mal einen Spielbetrieb, gar nichts gibt es da. Die sind happy, dass sie die Kohle bekommen und wer bitte soll dann überprüfen, was damit geschieht? Die Fifa selbst natürlich. Hauptsache ist, die Herren tanzen an beim Kongress und geben ihre Stimmen dort ab, wo man sie haben möchte. Diese Systematik hat Infantino virtuos und gnadenlos durchgezogen. Er hatte kein Programm, er hat nur mehr Geld für alle versprochen. Kaum im Amt, hat er dann gezeigt, dass Blatter ein Heiliger gegen ihn war. Er hat sofort ausgemistet, und zwar die guten Leute rausgeschmissen. Alle, die ihm gefährlich werden konnten. Er hatte ja schnell Voruntersuchungen durch die Ethikkommission an der Backe. Und er wusste, die Jungs sind gefährlich, die hatten ja schon einmal einen amtierenden Präsidenten zu Fall gebracht, und den Vizepräsidenten und Uefa-Chef Platini. Die müssen natürlich schnell weg. Und es ging ja schnell los mit den lästigen Fragen der Fifa-Ethiker nach Reisen in Privatjets, nach der Zusammensetzung des Gehalts.

Das offizielle Gehalt des Fifa-Präsidenten ist immer noch nicht transparent?

Nein, es gibt zwar eine offizielle Zahl, etwa eineinhalb Millionen Franken, aber das war bei Blatter auch so. Dann stellte sich heraus, dass sich die Herren, Blatter und ein paar andere, ungleich aufgeteilte 90 Millionen gegönnt hatten. Wir dürfen die Zahl, die offiziell durch die Fifa mitgeteilt wird, nicht ernst nehmen. Dass Infantino zusätzlich zu den 1,5 Millionen, da kann ja niemand meckern, noch Tagespauschalen oder sonstwas bekommt, das weiß ja niemand wirklich, da sind wir ganz schnell bei anderen Summen.

Zurück zu den beiden Fifa-Ethikern, Cornel Borbely und Hans-Joachim Eckert, die einst Joseph Blatter als Fifa-Präsidenten stürzten. Beide waren ihre Jobs unter der neuen Führung schnell los.

Die sind sofort rausgekickt worden. Vorher hat es Domenico Scala erwischt, den Compliance-Chef, der Infantino auch kritisch gegenüberstand, wohl, weil er auch eigene Ambitionen verfolgte. Nicht nur, dass damit die kritischen Geister weg waren – es ist geradezu lächerlich, was Infantino im Anschluss etabliert hat. Eine kolumbianische Verwaltungsrichterin, die ihm vom kolumbianischen Verbandspräsidenten empfohlen wurde. Gegen diesen Präsidenten wird nun in Kolumbien wegen Korruption ermittelt. In einem Verfahren gegen dessen Vorgänger hatte sich Frau Rojas einst selber für befangen erklärt. Das ist wiederum ein Herr, der nun in New York auf sein Urteil im Fifa-Prozess wartet. Wenn man sieht, wie bei der Fifa an dieser Stelle nun mit Themen umgegangen wird, dann muss man hier schon von einer Idealbesetzung sprechen.

Auch das wichtige Amt des Generalsekretärs wurde neu besetzt.

Frau Fatma Samoura hat mit Fußball nichts am Hut. In Fußballkreisen hat sich Infantino wohl auch schon mal verplappert, dass er bei der Besetzung des Postens auf genau diese Punkte abhob: Eine Frau, aus Afrika, da ist es extrem schwer dagegen zu opponieren. Wäre hier ein Mann installiert worden, wäre die Frage nach der fußballerischen Biografie sofort aufgetaucht. Aber bei einer UN-Entwicklungshelferin aus Afrika, die nach Lage der Dinge bis heute nicht richtig weiß, wie das Spiel funktioniert? Da wird man ganz schnell zum Sexisten, Rassisten oder zu beidem … es ist offensichtlich, mit Händen zu greifen, wie er das aufgebaut hat.

Und es scheint ja tatsächlich noch schlimmer kommen zu können. Die SZ hat vor kurzem Fifa-Dokumente veröffentlicht, die Ihnen zugespielt worden sind, die scheinbar Pläne des Weltverbandes offen legen, in denen es recht deutlich um den Ausverkauf der Fifa geht.

Das scheint nicht nur, das ist so! Es handelt sich um ein Arbeitspapier, das von den Hausjuristen der Fifa bewertet wurde. Die Fifa sagt auch nicht, es stimme etwas damit nicht, sie behauptet, das Dokument sei veraltet. Dass es hunderte solcher Papiere gäbe. Aber nach dem dort skizzierten Plan geht die Fifa weiterhin vor. Es ist genau der Plan, den Infantino dem Fifa-Council vorgelegt hat.

Es sollen zwei neue Turnierformate eingerichtet werden. Die Summen, die dafür im Raum stehen, sind abstrus, etwa 25 Milliarden Dollar. Es geht aber wohl auch um den Verkauf der Fifa-Markenrechte. Was steckt hinter diesem Angebot? Es liest sich in Ihren Artikeln wie eine Art Intrige, die die Fifa-Spitze hier mit externen Partnern vorantreibt.

Ich würde das in diesem Stadium durchaus als Intrige bezeichnen. Trotz aller Kritik ist Infantino ja weiter darum bemüht, das Projekt schnell durchzupeitschen. Und er weigert sich strikt, seine Partner zu benennen. Die europäischen Fußballverbände bohren nach, fragen ob es stimmt, was kolportiert wird. Es liegen ja Auszüge dieser Vereinbarungen vor. Die Fifa eiert da aber weiter rum, behauptet, es handele sich um veraltete Dokumente, folgt aber unbeirrt dem dort festgelegten Plan. Und gaukelt den Funktionären vor, es gehe um eine refomierte Klub-WM und ein neues Format, eine globale Nations League. Das Rechtepaket soll stillschweigend gleich mit veräußert werden. Und die Tricks, mit denen Infantino versucht, Widerstand auszuhebeln, sind auch klar: Es wurde eine Task-Force gegründet, die sich damit befasst ob erst Tonga gegen Fidji spielen sollte oder umgekehrt. Bei den einberufenen Fifa-Summits wurden die Funktionäre mit Tablets versorgt, befüllt mit schönen Grafiken. Wie sie sich die Nations League vorstellen würden, ob mit 24 oder 36 Mannschaften. Wie lange gespielt werden soll und weshalb. Wichtig ist dabei nur, dass die Funktionäre da mitmachen. Und wenn es sich herausstellt, dass sie ein Turnier unter dem Ausschluss von folgenden fünf Mannschaften wollen und das Halbfinale muss auf dem Mond gespielt werden, dann sagt Infantino dazu sofort ja, wunderbar. In dem erwähnten Papier ist ja festgehalten, dass dem Rechteverkauf ein Turnierpaket als Fassade vorgespannt werden soll. Damit es nicht allzu offensichtlich wird. Was auch Teil des Plans ist: Wenn diese neugeformten Turnierformate niemanden interessieren sollten, können die Geldgeber bereits nach der ersten Ausgabe einfach aussteigen. Die Rechte aber, die blieben veräußert. Infantino muss nun irgendeine Art der Zustimmung konstruieren, damit er das Kleingedruckte mit durchbekommt. Also setzt er auf seine Freunde aus Guam und Guinea, die an dem Thema keinerlei Interesse haben, sondern nur daran, dass das Geld weiter fließt. Mitspielen würden die ja auch weiterhin nicht, nicht einmal bei einer Nations League. Aber sie segnen es ab. Infantinos Problem sind die europäischen Verbände, die sich bislang weigern, darüber überhaupt abzustimmen. Die Option Enthaltung wurde ja eigens eingeführt, um die Abstimmung doch zu formalisieren. Aber bislang bleibt es dabei: Europa macht nicht mit. Und wird es auch in Miami nicht tun, wenn das Council final entscheidet. Da kommt es eventuell endgültig zum Bruch. Und ich frage mich dann schon, nach welcher Agenda der Mann da eigentlich vorgeht.

Ist diese Agenda persönlicher Natur?

Rein persönlich. Was alle skeptisch macht: Weshalb hört er jetzt nicht auf? Welchem Druck unterliegt er? Er könnte ja auch sagen, okay, bald sind Wahlen, es gibt keinen Gegenkandidaten und somit danach auch noch genug Zeit, das Projekt durchzubekommen.

Rein hypothetisch gedacht: Die Geldgeber werden ja in Saudi Arabien vermutet. Und hier besteht unter Umständen ein konkretes politisches Interesse, ein großes Turnier, das bald stattfinden soll, aufzublähen. Es scheint, als sollten geopolitische Interessen auf dem Rücken des Weltverbandes ausgetragen und honoriert werden.

Solche Themen sind auch noch im Herbst 2019 oder später verhandelbar. Aber weshalb gibt Infantino jetzt so viel Gas? Warum führt er den Fußball in dieses Konfliktfeld? Vor kurzem in Istanbul war er am Toben, im Wortsinn. Er hat vergeblich versucht, mit dem Präsidenten Erdogan Gespräche zu führen, um die Türkei aus der Phalanx der Europäer herauszubrechen. Der Summit in Istanbul wurde außerplanmäßig einberufen, wohl, weil Infantino versucht, die Front der Uefa ins Wanken zu bringen. Der Türkei, nach der Niederlage im Bieten um die Ausrichtung der Europameisterschaft 2024 noch verstimmt, hat er wohl angeboten, WM-Spiele auszurichten, sollte die Teilnehmerzahl in Katar auf 48 erhöht werden. Ein Bauerntrick! Das sind ganz brutale Machtspiele. Und nochmal: Warum diese Eile? Um jeden Preis, auf Biegen und Brechen.

Was bleibt da eigentlich dem normalen Fußballfan? Ist es vor diesem Hintergrund nicht geboten, statt den Profis nur noch den Amateuren zuzusehen? Ohne all das Drumherum?

Der Amateurfußball leiht dem Geschäftsbereich des Fußballs den Glanz von Sauberkeit und Unbeflecktheit. Die Passion. Das ist aber was völlig anderes. Ich selber kicke heute noch gerne.

Wie oft werden Sie eigentlich gefragt, ob Ihnen Fußball eigentlich noch Spaß macht?

Immer. Sie wären jetzt der erste gewesen, der mich das nicht gefragt hätte. Wenn ich mit meinen Teamkollegen auf den Rasen laufe, denke ich in keiner Sekunde an Blatter oder Infantino. Das Dümmste, was ich bislang gefragt wurde: Wollen Sie das wirklich, den Fußball kaputt machen? Das muss man sich vorstellen: Als hätten Fifa und Co. etwas mit dem Fußball zu tun. Sie haben was mit dem Fußballgeschäft zu tun. Hört aber die Fifa morgen auf zu existieren, und der DFB und alles, was es da noch so gibt, tangiert das den Fußball nicht eine Sekunde lang. Ich gehe am nächsten Tag trotzdem wieder kicken – denn nichts wäre mit dem Fußball passiert. Jeder Fußballer geht am Folgetag wieder Fußball spielen. Die ehemaligen Profis müssten nur halt wieder ihren gelernten Jobs als Versicherungsmakler oder Estrichleger nachgehen, Die Vereine müssten sich wieder neu aufbauen, das geht über Nacht, und dann gibt es bald wieder ein paar Mark mehr und weiter geht es, es entsteht etwas Neues. Der Fußball an sich bleibt völlig unbeleckt. Das Geschäft mit dem Ball machen die Herrschaften jetzt dadurch kaputt, indem sie dafür sorgen, dass der Nachwuchs wegbricht. Ich trainiere selber bei uns im Ort eine C-Jugend, letztes Jahr fragte ich Kids, wer gestern dieses oder jenes WM-Spiel gesehen hätte. Das waren nicht viele. Ganz wenige. Die Kids wissen zwar, wie die Spiele ausgehen, schauen aber selbst kaum mehr Fußball. Ältere Semeister wie ich sitzen vor dem Kasten und sehen sich nicht alle, aber viele Spiele an. Und zwar von An- bis zum Schlusspfiff. Wenn es interessant war, sehen sich die Kids auch mal eine Zusammenfassung an, um die vier, fünf Tore mitzubekommen. Keines dieser Kids wird sich irgendwann einmal vor die Glotze setzen, für die ist das kein Thema mehr. Sie spielen Fußball, verfolgen ihn aber nur noch im Nachrichtenbereich. Die ganze TV-Inszenierung ist nicht mehr sehr langlebig. Es geht jetzt noch einmal darum, richtig Kasse zu machen. Doch wer schaut sich das in 20 Jahren noch an? Diese Jungs bestimmt nicht. Das verlagert sich dann, es gibt ja eine große Schicht, die rund um die Uhr unterhalten werden muss. Das Premium-Fernsehprodukt Fußball, vor dem sich die Gesellschaft als Ganzes versammelt, das bricht weg. Und wenn das passiert, dann war es das. Die Helden der Zukunft sind virtuell, weil die Helden von heute keinen Plan haben.

Herr Kistner, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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