Die Nacht von Sevilla '82
Ein deutsch-französisches Fußballdrama (2021/2022)Rezension: Die Nacht von Sevilla '82
Marco Puschner / Nürnberger ZeitungDas schreckliche Foul von Toni Schumacher, Klaus Fischers Fallrückzieher zum 3:3, das Elfmeterdrama: Das Duell zwischen Deutschland und Frankreich im Halbfinale der Weltmeisterschaft 1982 ging als eines der spektakulärsten Spiele aller Zeiten in die Fußballgeschichte ein.
Stephan Klemm, Redakteur beim "Kölner Stadtanzeiger", hat dieser Partie nun ein ganzes Buch gewidmet: In "Die Nacht von Sevilla" lässt er das Geschehen von vor 40 Jahren noch einmal Revue passieren. Das liest sich trotz des bekannten Ausgangs auch deshalb sehr spannend, weil der Autor mit allen damals eingesetzten 13 deutschen Spielern sowie einigen französischen Akteuren geredet hat.
Die Rollen von Gut und Böse sind in diesem "deutsch-französischen Fußballdrama" klar verteilt - auf der einen Seite steht die Spielkunst Michel Platinis und seiner Nebenleute im sogenannten magischen Mittelfeld-Viereck der Franzosen, auf der anderen Seite der brutale Wüterich Schumacher und ein deutsches Kollektiv, das sich nach feuchtfröhlicher Vorbereitung eher unrühmlich durch das Turnier gequält hat. Am Ende aber, man denke an Gary Lineker, gewinnt dennoch Deutschland dieses Halbfinale.
Das scheint sogar Bundeskanzler Helmut Schmidt ein wenig peinlich zu sein, da er in einem Schreiben an den französischen Präsidenten Francois Mitterrand davon spricht, dass "das Glück im Spiel auf die deutsche Seite fiel". Wobei Elfmeterschießen vielleicht doch nicht Glückssache ist, wenn man sich die von Klemm referierte Elfmeterphilosophie des deutschen "Leitwolfs" Paul Breitner genauer anschaut. Zudem benennt der Autor auch relativ deutlich die taktischen Fehler des französischen Trainers Michel Hidalgo, die dazu beitrugen, dass Deutschland nach 1:3-Rückstand noch einmal zurückkommen konnte.
Es ist das Verdienst des Autors, nicht nur das 40 Jahre zurückliegende Fußballdrama selbst minutiös in Erinnerung zu bringen, sondern auch dessen Vor- und Nachgeschichte - inklusive politischer Implikationen - zu erzählen.
Zwei Jahre nach Sevilla wird Frankreich übrigens ein verdienter Europameister, während Deutschland schon in der Vorrunde des Turniers ausscheidet. Gibt es doch einen Fußball-Gott?