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Nominiert Fußballbuch 2023

Links kickt besser

Der Mythos vom unpolitischen Fußball (2022/2023)
Nominiert zum  Fußballbuch des Jahres 2023 

Rezension: Links kickt besser. Der Mythos vom unpolitischen Fußball

Thomas Pöltl
von Thomas Pöltl

Ich muss zugeben, dass "Links kickt besser" nicht meine erste Wahl für das Fußballbuch des Jahres war, zu plakativ und naiv erschien mir der Titel, doch nachdem mein ursprünglicher Favorit, "Lob des Dribbelns" von Olivier Guez, bereits vergeben war, entschied ich mich für das Buch der beiden mir bis dato unbekannten Autoren und ich sollte diese Wahl nicht bereuen:
Schon auf der ersten Seite wird klar, worum es den beiden Autoren geht: "Der wahre, schöne und gute Fußball ist links. Auf und neben dem Platz. Und wir haben einen Matchplan, mit dem wir diese These belegen, und schießen am Ende das "Golden Goal" gegen den rechten und kommerzialisierten Fußball. […] Wir wollen Archäologen des linken und rechten Fußballs sein, Artefakte finden und zusammensetzen. Dabei versuchen wir gar nicht erst neutral zu sein."
Auf den folgenden 200 Seiten wird dieses Versprechen eingelöst: Vom vormodernen, wilden und archaischen Fußball in den Dörfern Schottlands und Englands, über die Phase der Industrialisierung und der damit einhergehenden Professionalisierung und der Ausgrenzung der Frauen, bis zum gegenwärtigen neoliberalisierten und vom Turbokapitalismus getriebenen Fußball, spannen die beiden Autoren den Bogen der Geschichte des Fußballs, der immer schon politisch war und alle Gesellschaftsschichten durchdrungen hat. Der Fußball war von Beginn an ein Spielball des Kapitals und somit auch der Politik, doch gleichzeitig auch ein Ort des Widerstands und der Anarchie: Paul Breitner, Socrates, Diego Maradona, Cesar Luis Menotti, Megan Rapinoe, der FC St. Pauli, die Ultras in Ägypten und in der Türkei, die "Barras (Ultras)" von Kolumbien, die Liste an Fußballer*innen, Trainer*innen, Fußballclubs und Fangruppierungen, die rebelliert haben und rebellieren, ist noch viel länger und wird auch nicht enden … Dass diese nonkonformistischen Personen, Vereine und Fans aber auch Teil der "kommerzialisierten Fußballwirklichkeit" sind, liegt auf der Hand.

Der Kulturmanager und Business-Coach Klaus-Dieter Storck und der Soziologe und Politologe Jonas Wollenhaupt räumen nachdrücklich und eindringlich von der oft gehörten Mär auf, dass der Fußball nicht politisch sei, sie zeigen ein leidenschaftliches Plädoyer für den schönsten Sport, den es gibt, der uns allen gehört und den wir uns nicht wegnehmen lassen: "Wer beim schönen Tor Gänsehaut bekommt und ein Gefühl, dass bei solcher Anmut in der Welt etwas nicht in Ordnung ist, der spürt die Widersprüchlichkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse." (S. 211)
Am Ende des Buches gibt es noch "11 Schüsse, die den Fußball retten", elf konkrete Vorschläge, die es allesamt wert sind, diskutiert zu werden.

"Links kickt besser" ist ein überaus interessantes und wichtiges Buch, dessen Lektüre zum Nachdenken über den gegenwärtigen Status des Fußballs, wie auch über die Verfasstheit der kapitalisierten Gesellschaften anregt. Ein kluges, provokantes Buch, das für Diskussionen auf verschiedensten Ebenen anregt und somit ein würdiger Kandidat für die Wahl zum Fußballbuch des Jahres 2023 ist.

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"Über den Mythos vom unpolitischen Fußball" heißt der Untertitel vom letzten Kandidaten fürs Fußballbuch des Jahres 2023. Die beiden Autoren Klaus-Dieter Stork und Jonas Wollenhaupt beschäftigen sich in ihrem Buch "Links kickt besser" (Westend Verlag) mit diesem Mythos. Juror Thomas Pöltl nominiert das Buch, das tief in die Geschichte eintaucht und zu Diskussionen anregt.

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