Warum Frauen den besseren Fußball spielen
(2022/2023)Rezension: "Warum Frauen den besseren Fußball spielen"
Inga HofmannEs ist ein Buchtitel mit Wirkmacht: "Warum Frauen den besseren Fußball spielen". Darin analysieren Weltmeisterin Nia Künzer und Sportjournalist Bernd Schmelzer, warum der Fußball der Frauen authentisch, nahbar und mutig ist und über eine große gesamtgesellschaftliche Strahlkraft verfügt. Die Spielerinnen seien ganz sie selbst und würden ungefiltert sagen, was sie denken, fassen die Autor*innen es treffend zusammen. "Die Menschen, die [am Fußball der Frauen] teilnehmen, sind nicht der Mittelpunkt der Welt. Und sie halten sich auch nicht dafür."
In einer Zeit, in der die Fifa politische Statements wie die One-Love-Armbinde verbietet, erscheint das Rückgrat vieler Fußballerinnen umso bewundernswerter. Sie sprechen offen über Themen wie Gleichberechtigung und Queerness und nutzen ihre Plattform, um auf politische Themen aufmerksam zu machen. Dieses Engagement würdigen Künzer und Schmelzer und zeichnen nach, wie Profifußballerinnen nicht nur zu sportlichen Vorbildern avanciert sind, sondern ebenso auf gesellschaftlicher Ebene eine wichtige Bedeutung haben. Alexandra Popp, Kapitänin des deutschen Nationalteams, sagte im Anschluss an die Europameisterschaft in England: 2Der Hype-Zug ist unterwegs durch Deutschland!". Künzers und Schmelzers Empfehlung lautet daher: "Einfach einsteigen! Und die Reise kann beginnen."
Auch ihre Leser*innen nehmen die Autor*innen mit auf eine Reise zu den Meilensteinen des Fußballs in Deutschland. Sie zeigen, wie Frauen sich ihren Platz im Sport erst Stück für Stück erkämpfen mussten – mit Erfolg: Gab es beim Sieg der EM 1989 noch ein Kaffeeservice als Prämie, winken mittlerweile bis zu 250.000 Euro für den WM-Sieg.
Künzer und Schmelzer würdigen überdies die Leistungen einzelner Spielerinnen und schaffen Sichtbarkeit für Karrieren, die aufgrund der Dominanz der Männer immer noch wenig Beachtung bekommen. Sie greifen Themen wie Schwangerschaft oder menstruationsbasiertes Training auf und zeigen dabei strukturelle Ungleichheitsverhältnisse auf.
Als ehemalige Nationalspielerin gewährt Künzer auch persönliche Eindrücke: Sie erinnert sich an ihren eigenen Einstieg in den Sport, skurrile Rituale vor den Länderspielen und den legendären Titelgewinnen der WM 2003. Aus ihrer Tätigkeit als ARD-Expertin weiß sie, dass Ungleichheiten sich auch in der medialen Berichterstattung widerspiegeln, etwa bei den Übertragungszeiten.
Nicht immer sind die Autor*innen einer Meinung, etwa was die Bedeutung von Sprache angeht (Frauenfußball? Oder einfach nur Fußball?). Gerade diese Kontroversen zeichnen das Buch aber aus und spiegeln Debatten wider, die derzeit öffentlich diskutiert werden.
Mit dem Profifußball der Männer gehen Künzer und Schmelzer gleichermaßen hart ins Gericht. Er sei von "Geld, Gier und Macht" geprägt. Der Fußball der Frauen hingegen bewege sich weg vom Gigantismus und hin zu den Wurzeln des Sports. "Warum Frauen den besseren Fußball spielen" ist damit der ultimative Beweis dafür, dass die Männer im Fußball noch viel von den Frauen lernen können – und nicht umgekehrt.