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Platz 1 Fußballbuch 2007
Sachbuch Saison 2006/2007

Im Schatten des Spiels

Rassismus und Randale im Fußball (2006/2007)
Platz 1  Fußballbuch des Jahres 2007 

Rezension: Im Schatten des Spiels

Birgit Schönau

Es gibt, grob gesagt, zwei Gattungen von Fußballbüchern: Die literarisch-folkloristische Betroffenheitsliteratur gebildeter Fans und die eher nüchterne und ernüchternde Darstellung der Fußballwelt, wie sie wirklich ist. Mit der ersten Spezies wurde passend zur WM 2006 der Markt nachgerade überschwemmt – die zweite darf nach dem Abpfiff des Großereignisses nun auch wieder auf den Platz. So Ronny Blaschkes „Im Schatten des Spiels", eine ebenso gewissenhafte wie vorurteilsfreie Recherche über „Rassismus und Randale im Fußball."

Der 26-jährige Blaschke verzichtet auf Sprachpirouetten ebenso wie auf Gemeinplätze und Schuldzuweisungen, er lässt Polizisten und Fanarbeiter genauso zu Wort kommen wie Ultras und wie schwarze Fußballer, die sich in deutschen Stadien diskriminiert fühlen. Ronny Blaschke beschreibt die Lage in Ostdeutschland, er ist aber auch in die Niederlande gefahren, nach England, Italien, und nach Argentinien, um die internationale Hooliganszene zu beschreiben. Er hat herausgefunden, dass Polen die meisten Hooligans Europas hat, und dass die Stadien dort als Treffpunkte für Waffenschmuggler, Drogendealer und Neonazis dienen, übrigens ebenso wie in Italien.

Er beschreibt die Situation in der US-amerikanischen Becks-Liga, wo Gewalt in den Stadien eine Rarität ist. Die Kapitel seines Buches verbindet kein erzählerischer Faden – sie sind Mosaikstücke aus Interviews und in sich abgeschlossenen Reportagen, die sich zu einem Gesamtbild offenbar weit verbreiteten „Fan"-Verhaltens fügen: Fußballkonsum und Stadionbesuch als Ventil und Bühne für vermeintlich oder wirklich gesellschaftlich Benachteiligte, aber auch für Outlaws, organisierte Kriminelle und politisch Extreme. Im Schatten des Spiels gedeihen die reaktionärsten Kräfte der Gesellschaft offensichtlich bestens, das Stadion droht jenseits der großen, weltberühmten Fußballopern zum Sammelpunkt für Krawallmacher aller Art zu verkommen. Ein Ort für gewalttätig-anarchische Inszenierungen, die draußen undenkbar wären, deren Drehbücher aber natürlich mit dem Spiel nichts gemein haben. Die Topoi der Hooligans sind und bleiben Rassismus, Antisemitismus und Homophobie, allesamt Tabus der liberalen Gesellschaft – in Polen werden sie allerdings auch von der Regierung gepflegt. Dass die besessensten Konsumenten des Fußballs oft außerhalb des Fußballs stehen, ist längst ein internationales Phänomen – und es ist Blaschkes Verdienst, es umfassend dargestellt zu haben.

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