Platz 9Fußballbuch 2013

Pep Guardiola

Die Biografie. Übers. von Roller, Werner (2012/2013)
Platz 9  Fußballbuch des Jahres 2013 
C. Bertelsmann
19,99 Euro
Buchcover Pep Guardiola - Die Biografie. Übers. von Roller, Werner von Guillem Balagué

Rezension: Pep Guardiola. Die Biografie

Katja Kraus

„Pep sagte uns: ‚Ich bin nicht Superman’“. Dieses auf Seite 298 so lakonisch daherkommende Zitat muss die FC Bayern-Gemeinde erschüttern, die sich seit der Verpflichtung des „begehrtesten Trainers der Welt“ (Karl-Heinz Rummenigge) an dieser kongenialen Synthese und der zukünftigen Unbesiegbarkeit berauscht. Vielleicht bemüht sich der Autor Guillem Balagué auch deshalb auf den übrigen 418 Seiten seiner kürzlich aktualisierten Pep Guardiola-Biographie, diese verstörende Selbstbeschreibung des ‚archetypischen Antihelden’ zu widerlegen. „Nach einem Schnitt blutet er wie andere Menschen auch“, ist eine der zunächst erleichternden Enthüllungen. Umso größer wirken seine Taten, da sie tatsächlich von einem Menschen erbracht werden und nicht von einem Fabelwesen, als das ihn die epische Bewunderung des Fußballjournalisten und Freundes Balagué bisweilen erscheinen lässt.

Guillem Balagué hat ein Buch geschrieben, das einen Einblick in die Persönlichkeit des Spielers, Trainers und Menschen Pep Guardiola gewährt. Er erklärt dessen frühkindlich geprägte Hingabe zum reinen Spiel, das ihm den Weg vom Dorfplatz in Santpedor auf den ersehnten Rasen in Camp Nou ebnete. Belege für die Einzigartigkeit des Trainers Guardiola und dessen strategische Präzision finden sich in den detailreichen Analysen zu den entscheidenden Begegnungen in der Champions-League, und vor allem zu den Clásicos gegen Real Madrid. Während der ausführlichen, mitunter ausladend langen Passagen zu den jeweiligen Aufstellungen und Matchplänen braucht es schon ein nuanciertes Interesse an Mannschaftskabinenwissen und der Denkweise des Coaches, um nicht immer mal wieder ein paar Seiten voranzublättern.

Dort findet der Leser dann die filigrane Beschreibung eines nachdenklichen Menschen, der sich selbst ebenso rastlos zu perfektionieren versucht wie die Fußfertigkeit seiner Spieler. Der seine Phantasie von Souveränität, Demut und Unterordnung bis zur eigenen Erschöpfung vorlebt und didaktisch damit bei Stars wie Eto‘o und Ibrahimovic an seine Grenzen gerät. Er entdeckt einen Mann, der seine Verletzlichkeit und seine Selbstzweifel nicht verbergen mag und dennoch allzu genau weiß, dass seine Rolle etwas anderes von ihm verlangt. In vielen Szenen der Selbstreflexion offenbart sich der Zwiespalt des Erfolgstrainers: seinem Verein Diener und zugleich Galionsfigur sein zu müssen. Spiderman sei er, nicht Superman, sagt Guardiola an einer Stelle, und beschreibt damit das Netz seiner vielen Funktionen, samt der Last der Verehrung und den darin liegenden Erwartungen. In diesen Szenen profitiert der Text von der Nähe des Autors zu seinem Protagonisten. Dann vor allem, wenn die Bewunderung dem durchaus sorgenvollen Blick eines nahestehenden Menschen weicht und die Sätze ihre Legitimität in genau denjenigen Beobachtungen finden, die der Autor offensichtlich nicht beschreibt.

An anderer Stelle wäre ein Maß an differenzierter Distanz hilfreich. Vor allem dann, wenn die Aneinanderreihung der Beispiele für Pep Guardiolas Brillanz selbst die geneigteste Leserin ermüdet. Und auch die dramenreif ausgearbeitete Polarität zwischen Pep Guardiola und José Mourinho scheint allzu grob kontrastiert. Spannend wiederrum ist es zu sehen, wie sehr sich Guardiola von Mourinhos Methoden zermürben und am Ende sogar seiner Begeisterung für das Spiel, ja für das Gewinnen berauben ließ. Damit ist das Buch nicht nur eine aufschlussreiche Lektüre für Freunde des perfekten Fußballspiels oder solche, die den Menschen im Mythos Guardiola entdecken wollen. Es ist auch ein Lehrbuch für Jürgen Klopp. Für die Verantwortlichen des FC Bayern München sowieso.

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