Geschichte

Profifußball in Südafrika: Kaizer Chiefs, Orlando Pirates und Jomo Cosmos

Dietrich Schulze-Marmeling beschreibt die Gründung der südafrikanischen Fußball-Liga und stellt ihre wichtigsten Vereine vor.

Kaizer Chiefs vs Orlando Pirates

von Dietrich Schulze-Marmeling
 

Im sechsten Teil seiner Reihe zur afrikanischen Fußballgeschichte gibt Autor Dietrich Schulze-Marmeling Einblicke in die berühmtesten Clubs der südafrikanischen Liga: Kaizer Chiefs, Orlando Pirates und Jomo Cosmos sind deren klingende Namen.

Gründung einer Profiliga


Die Premier Soccer League (PSL) wurde 1995 von Irvin Khoza, damals Boss der Orlando Pirates, die soeben den African Champions Cup gewonnen hatten, und Kaizer Motaung (s.u.), dem Vater der Kaizer Chiefs, ins Leben gerufen. Die neue Liga sollte die Abwanderung talentierter Spieler stoppen.

Die Probleme des südafrikanischen Klubfußballs unterscheiden sich nicht wesentlich von denen anderer Länder des Kontinents. Zwar verfügt die nationale Liga laut Guardian über den siebtbesten TV-Vertrag, aber das Geld landet nicht an der Basis des heimischen Fußballs. Die Funktionäre sind mehr um die Entwicklung ihrer privaten Bankkonten denn der heimischen Talente bemüht. Nur wenige Klubs haben Nachwuchsteams.


Die berühmtesten Clubs

Erfolgreichste Klubs sind die Johannesburger Clubs Orlando Pirates (PSL-Meister 1995, 2001, 2003), Kaizer Chiefs (PSL-Meister 2004, 2005) und Mamelodi Sundowns FC aus Pretoria (PSL-Meister 1998, 1999, 2000, 2006, 2007). Die meisten Fans haben die Kaizer Chiefs, die bereits in den PSL-Vorläufern National Premier Soccer League und National Soccer League neunmal den Titel holten, gefolgt von den Orlando Pirates.

Kaizer Chiefs und Orlando Pirates sind im fußballverrückten Soweto – Symbol des Fußballs wie des Freiheitskampfes gegen die Apartheid - beheimatet, wo drei bis vier Millionen Menschen leben.

 
Orlando Pirates


Die 1937 gegründeten Orlando Pirates sind heute der älteste der „schwarzen“ Clubs Südafrikas. Spielstätte der Pirates ist das Ellis-Park-Stadion, wo 1995 das Finale der Rugby-WM stattfand (Südafrika schlug Neuseeland mit 15:12 n.V.). Der Stadion bildet das Zentrum eines großen Sportparks im Osten von Johannesburg. In den Jahren der Apartheid waren die Pirates der größte und beliebteste Klub Südafrikas, konnten aber wegen der Rassentrennung und einem Mangel an Einrichtungen nicht in einer geordneten Liga spielen. So wurden die Pirates zu den Harlem Globetrotters des afrikanischen Fußballs, indem sie sich mit Touren und Schaueinlagen über Wasser hielten.


Die Kaizer Chiefs und ihr Superstar Kaizer Motaung

Die Kaizer Chiefs, gegründet am 7. Januar 1970, sind gewissermaßen eine Abspaltung der Orlando Pirates. Denn vorausgegangen war ein Streit bei den Orlando Pirates um den Verbleib der Einnahmen aus einem Turnier 1968 im benachbarten Swaziland. Star des Teams war der am 16. April 1944 im Osten Orlandos geborene Kaizer Motaung. Nach heftigen Auseinandersetzungen um die Gelder aus der Swaziland-Tournee spalteten sich 1969 einige Spieler von den Pirates ab, um ein eigenes Tourneeteam zu bilden.

Kaizer Motaung war 1968 vom früheren West Ham United-Spieler Phil Woosnam in die North America Soccer League (NASL) geholt worden. Woosnam managte die Atlanta Chiefs, für die Kaizer Motaung nun auf Torejagd ging. Sein Debüt gab Kaizer Motaung in einem Freundschaftsspiel gegen Manchester City, als er eingewechselt zwei Tore schoss. Motaung, der zunächst mit dem Wetter und einer beim letzten Auftritt in Afrika erlittenen Verletzungen zu kämpfen hatte, traf in 15 Spielen 16 Mal, wurde Torschützenkönig der NASL, zum „Rookie of the Year“ und in das NASL-Al-Star-Team gewählt.

1970 kehrte Motaung in die Heimat zurück, wo nun aus dem Tourneeteam der Orlando-Abtrünnigen ein eigenständiges Profiteam wurde, das sich nach Kaizer Motaung und seinem ehemaligen amerikanischen Arbeitgeber benannte und auch Farben und Wappen der Atlanta Chiefs übernahm.

 
Jomo Cosmos


Motaung war nicht der Einzige, der nach der Rückkehr aus den USA sein eigenes Profiteam gründete. Auch der ebenfalls in Johannesburg beheimate Club Jomo Cosmos verdankt seine Existenz den Erfahrungen eines südafrikanischen Spielers in der NASL. Jomo Cosmos wurde 1982 von Jomo Sono ins Leben gerufen, wie Motaung ein ehemaliger Orlando Pirates-Spieler, der in der NASL an der Seite von Pele und Franz Beckenbauer für Cosmos New York kickte. 1980 lief Jomo Sono in einer FIFA Auswahl auf, zu der auch Pele, George Best, Ruud Krol, Carlos Alberto Parreira, Teofilio Cubillas, Ray Clemence und Kevin Keegan gehörten. 

Spielstätten

Spielstätte der Kaizer Chiefs war bis zum Umbau für die WM das FNB Stadium (Namensgeber war die First National Bank), im Südwesten Johannesburgs am Rande des Townships Soweto gelegen. Das Stadion mit seinen umliegenden Gebäuden firmiert auch als „Soccer City“. Nelson Mandela hielt hier die erste Rede nach seiner Freilassung. Auch die Trauerfeier für den Widerstandskämpfer Chris Hani fand hier statt. Zur WM wird „Soccer City“ mit einer Kapazität von 94.700 Sitzplätzen zum größten Stadion Afrikas ausgebaut.

 

Lucas Radebe

Hierzulande kennt man die Kaizer Chiefs auch als Kaiser Chiefs. Die berühmte Rockband aus Leeds legte sich den Namen aus Verehrung für den Leeds United-Spieler Lucas Radebe zu, der zuvor für die Kaizer Chiefs gekickt hatte. Für Leeds United spielte der 70-fache südafrikanische Nationalspieler Radebe von 1994 bis 2005.
 

Soweto Derby

Das „Soweto-Derby“ Orlando Pirates gegen Kaizer Chiefs ist das berühmteste auf dem afrikanischen Kontinent und eines der berühmtesten weltweit. Am 11. April 2001 war der Andrang so groß, dass es im Ellis Park zu einer Massenpanik kam, bei der 43 Fans zu Tode getrampelt oder zwischen Gittern und an Wänden zerquetscht wurden. Tausende abgewiesener Fans waren über die Eingangstore geklettert und geradezu lawinenartig ins Stadioninnere geplumpst.

 

© Dietrich Schulze-Marmeling

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