"Lernanstoß" - Der Fußball-Bildungspreis

Preisträger 2019: "Fußballbrücke Europa, Teil 3"

Mit einem internationalen Jugendaustausch sensibilisiert der SC Aleviten Paderborn Jugendliche für Diskriminierung, verbessert ihren Zugang zur Erinnerungskultur, behandelt Identitätsfragen und vermittelt Fähigkeiten, die sie auch im Schulunterricht stärken.

Erstmals war der SC Aleviten Paderborn im Jahr 2016 mit dem Projekt „Sprungbrett“ im Wettbewerb um den Fußball-Bildungspreis „Lernanstoß“ vertreten. In einem niedrigschwelligen Angebot organisierten die Verantwortlichen des Sportvereins zunächst Hausaufgabenbetreuung und Verpflegung für teils sozial auffällige Kinder mit Migrations-, Flucht- oder Armutshintergrund – im Grunde eine an die Schule anschließende Ganztagsbetreuung mit Fußballelementen. Doch bei diesem Angebot, das für einen Sportverein ja schon außergewöhnlich genug ist, lassen es die Verantwortlichen des Kreisliga-Vereins längst nicht bewenden.

Der kontinuierliche Ausbau des Engagements mündete in das Projekt „Fußballbrücke Europa“, das seit 2017 in mehreren Abschnitten umgesetzt wird. Der dritte Teil, der mit dem „Lernanstoß“ ausgezeichnet wird, brachte polnische, ukrainische und deutsche Jugendliche im Alter von 12 bis 18 Jahren zusammen. Unter den 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Paderborn finden sich neben Bewohnerinnern und Bewohnern von Kinderheimen ganz selbstverständlich auch Jugendliche mit Behinderung.

Während des Jugendaustausch standen vor Ort in Berlin und Waren an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern) Tagesausflüge in die Gedenkstätten Sachsenhausen und Ravensbrück auf dem Programm, ebenso Besuche von Museen sowie des Regierungsviertels in Berlin oder Städtetrips nach Rostock und Warnemünde. Immer wieder abgerundet und aufgelockert durch gemeinsame Trainings und Wettkämpfe auf dem Fußballplatz. Zur Vorbereitung hatten sich die Jugendlichen mit der Geschichte der drei beteiligten Länder und Europas im Ganzen auseinandergesetzt. Dass sich die Teilnehmenden aus unterschiedlichen Nationen als Europäerinnen und Europäer begreifen, ist ein übergeordnetes Ziel.

Besonders beeindruckend ist, wie es der Verein mit dem Projekt gelingt, Identitätsfragen zu verhandeln. Während die Jugendlichen mit Migrations- und teilweise Fluchthintergrund im Alltag oft als fremd wahrgenommen werden, repräsentieren sie in dem Jugendaustausch die deutsche Seite – und machen die für viele überraschende Erfahrung, auch als Deutsche wahrgenommen zu werden. Dies ändert den Blick auf die ‚eigene‘ Geschichte und erhöht so etwa die Bereitschaft sich mit dem Holocaust auseinanderzusetzen. Dies wiederum ist einer der Ausgangspunkte, eigenes diskriminierendes Verhalten zu reflektieren und so eine fundiert antidiskriminierende Haltung zu entwickeln. Ein Ziel, das elementarer Bestandteil sämtlicher Aktionen des Vereins ist.

Die Jury lobte insbesondere die stetige Entwicklung und Professionalisierung der durchgeführten Projekte. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund, dass der Verein keinen großen Sponsor oder Träger im Hintergrund hat, stattdessen mit Weitsicht das Entwicklungstempo an die bestehenden Strukturen anpasst – und sich nachweislich nicht aufhalten lässt: Aktuell befindet man sich wieder mitten in einer umfangreichen Vorbereitungsphase des nächsten Jugendaustauschs, der noch im Oktober 2019 unter dem Motto „Jugend gemeinsam für Demokratie und Vielfalt!“ stattfinden wird.

Die Deutsche Akademie für Fußball-Kultur und der TESSLOFF Verlag freuen sich, die Fortsetzung und den Ausbau des Projekts durch den mit 5.000 Euro dotierten Fußball-Bildungspreis „Lernanstoß“ unterstützen zu können.

Stellungnahme der Preisträger:

Verani Kartum, der das Projekt 2016 ehrenamtlich ins Leben gerufen hat und im Oktober 2019 bereits den 4. Teil des nachhaltigen europäischen Bildungs- und Fußballprojektes betreut: „Als ich den Anruf von der Akademie bekommen habe, dass wir dieses Jahr der Gewinner des Preises „Lernanstoß 2019“ sind, habe ich glücklich laut ins Vereinsheim geschrien und mich mit unseren Ehrenamtlichen riesig gefreut. Es ist ein langersehnter Wunsch und Traum in Erfüllung gegangen. Dieser Preis für unser Projekt „Fußballbrücke Europa“ ist Bestätigung für unsere erfolgreiche Bildungsarbeit, die Chancengleichheit für die Jugendlichen schafft. Fußball hat die Kraft, die Jugendlichen in der schulischen Bildung zu unterstützen. Ich möchte mich ganz herzlich bei unseren Schulen in Paderborn und besonders beim DPJW (Deutsch-Polnisches-Jugendwerk) bedanken, die immer an uns geglaubt und uns unterstützt haben. Der größte Dank und Respekt geht an die Jugendlichen selbst und an die vielen Ehrenamtlichen des SC Aleviten-Teams. Die Vielfalt einer Gesellschaft ist der Reichtum der Zukunft und bei uns steht KEINER im Abseits!“, betont Verani Kartum die beiden Leitsätze des SC Aleviten Paderborn und bedankt sich auch bei der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur für die Auszeichnung.

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