Platz 9Fußballbuch 2007

Nachspiel. Ein Steilpass aus dem Abseits

Über Befreiungsschläge bei Rudelbildung auf engem Raum (2006/2007)
Platz 9  Fußballbuch des Jahres 2007 
Friedrich Christian Delius
Jos Fritz
10,00 Euro
Buchcover Nachspiel. Ein Steilpass aus dem Abseits - Über Befreiungsschläge bei Rudelbildung auf engem Raum von Friedrich Christian Delius

Rezension zu: NACHSPIEL

Bernd Gäbler

Nach der Inflation ist es Zeit für Ästhetik. Es gibt viel weniger Bücher über Fußball,da kommt es erst recht darauf an, dass sie auch so schön sind wie der Fußball. Was aber ist fußballerische Schönheit? Ein Ronaldinho-Solo, vergleichbar mit einem Rilke-Gedicht, wie es Jochen Hieber einst nahe legte? Oder eine Viererkette, die perfekt operiert wie das Bolschoi-Ballett?

Nein, die ehrliche Ästhetik des Fußballs ist rauer, ein ständiges Anrennen und Probieren, ein Zitieren bereits bekannter Spielzüge, die immer wieder neue Kombination der Grundelemente: Ballannahme, Stoppen, Passen, Flanken, Schießen.

So wirkt auch das Buch – oder sollte man nicht ehrlicher sagen: das Heft? - der Freiburger „Spielervereinigung Zwiebelfisch“. Es sind hübsche Texte darin, von F.C. Delius, Axel Hacke und Jess Jochimsen, verarbeitet sind auch – der Titel lässt es ahnen - ungefähr alle denkbaren Fußball-Metaphern, aber eigentlich geht es um einen anderen, zentralen Gedanken: Wer spielt, gestaltet.

Und hier wird das Gestalten geprobt. Schon auf dem Titel eine dezente Verkehrung von schwarz-rot-gold. Der Untergrund wechselt, mal ist er fast transparent, mal von kraftvoller Pappe. Ständig will jeder einzelne Mitspieler zeigen, was er kann: vor allem die Dekonstruktion des Worts, das Spiel mit Buchstaben. Diese Spielvereinigung liebt die Typologie – und: versteckte Überraschungen wie das Daumenkino unten rechts. Es handelt sich um ein Semesterprojekt der Freien Hochschule für Grafik Design & Bildende Kunst in Freiburg.

Das Heft wirkt noch nicht perfekt wie CF Barcelona in bester Zeit, eher ist es ein Bolzplatz, eine Ansammlung von Trainingseinheiten oder ein erkämpfter Überraschungssieg. Aber das macht gerade den Reiz aus, den Realitätsgehalt des schönen Heftes. Seine Ästhetik versöhnt – nein: konfrontiert – Fanzine und mondäne Arena.

Natürlich ist dieses „Nachspiel“ ein ungewöhnliches Fußball-Buch, darum gilt auch für diese Nominierung, was der auch im Heft zitierte Richard Golz den Freiburgern mitgab: „Ich habe nie an unserer Chancenlosigkeit gezweifelt.“

zurück

Das könnte Sie auch interessieren

Cookies verwalten