Platz 8Fußballbuch 2007

Fußball versus Countrymusik

Essays, Satiren, Antifolk (2006/2007)
Platz 8  Fußballbuch des Jahres 2007 
Gerd Dembowski
Papyrossa Verlag
14,90 Euro
Buchcover Fußball versus Countrymusik - Essays, Satiren, Antifolk von Gerd Dembowski

Rezension zu: Fußball vs. Countrymusik

Matthias Lieske

Fußball und Musik, das ist im allgemeinen eine sehr unheilige Verbindung. Fußballsongs sind meist so beklagenswert schlecht, dass man schon das schmalztriefende You’ll Never Walk Alone, das ja in Wahrheit gar kein Fußballsong ist, und den harmlosen Pop-Gassenhauer Football’s Coming Home zu den Highlights zählen muss. In deutschen Stadien scheint man zu glauben, dass der Musikgeschmack der Fußballfans irgendwo zwischen Sportfreunde Stiller, De Höhner und Frank Zander oszilliert und dass man das Publikum besonders beglückt, wenn man die Weisen mit orkanartiger Lautstärke aus plärrenden Lautsprechern bläst. Schlimmer ist es eigentlich nur in Holland, wo man vor Länderspielen eine Stunde lang mit einem brüllenden Potpourri aus Schunkelliedern malträtiert wird.

Insofern ist es ein ambitioniertes Unterfangen, in einem Buch Fußball mit Musik zu verbinden, und dann auch noch mit Country, einem Genre, dass keineswegs gefeit gegen musikalische Verirrungen ist. Die Art von Countrymusik, die Gerd Dembowski meint, ist allerdings über jeden Zweifel erhaben, denn das Spektrum in seinem Buch Fußball vs. Countrymusik reicht weit über das hinaus, was der unselige Gunter Gabriel, der vom Autor denn auch gebührend sein Fett weg bekommt, den Deutschen einst als Country untergejubelt hat.

Texte über Fußball mit Zeilen aus Country- und anderen Songs zu akzentuieren ist jedenfalls eine nette Idee, die der bunten Themenpalette des Buches von Brighton bis St. Pauli, Matthäus bis Maradona, Mayer-Vorfelder bis zum „Fifa-Ungetüm“ Joseph Blatter eine angenehme Würze verleiht. Geprägt sind die einzelnen Kapitel von einer konsequent kritischen Haltung dem Fußball und seinen Phänomenen gegenüber, die auch nicht auf die moderne Mär hereinfällt, dass man den romantisch verklärten „ursprünglichen“ Fußball von seiner modernen kommerziellen Ausprägung trennen kann. Kernstück des Buches sind Texte über die Weltmeisterschaft 2006, in denen dankenswerterweise daran erinnert wird, dass nicht alle die Hymne vom Sommermärchen sangen. Allein die Schlagzeilen- und Zitatensammlung zum angeblich friedlichen, harmlosen und freudvollen neuen Nationalismus wirkt schon in einjähriger Rückschau wahrhaft gruselig. Apart auch die drei geschwärzten Zeilen im letzten Kapitel, wo es offensichtlich um Gerhard Mayer-Vorfelder geht, während andere phantasievolle Charakterisierungen führender Fußballrepräsentanten offenbar unbeanstandet durchgingen.

Einwenden mag man, dass für ein Fußballbuch ein bisschen zu viel Musik vorkommt, aber da in den meisten Fußballbüchern viel zu viel Fußball und viel zu wenig Musik vorkommt, ist das in Ordnung.  

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