Platz 10Fußballbuch 2009

Ins linke obere Eck

Ein Nationaltrainer erzählt (2008/2009)
Platz 10  Fußballbuch des Jahres 2009 
Tauchaer Verlag
12,80 Euro
Buchcover Ins linke obere Eck - Ein Nationaltrainer erzählt von René Müller

Rezension zu: Ins linke obere Eck

Hans Böller

René Müller hat einen grandiosen Satz gesagt: »Fußball ist Schweiß und Kampf. Nicht Sekt und Krabben« – schöne Grüße ans Logen-Volk; schon für diesen Satz hätte Müller einen Preis verdient. René Müller, das muss man wissen, wenn man nicht im Osten aufgewachsen ist, ist ein Idol. Einer der größten deutschen Torhüter – auf dem Platz. Und neben dem Platz. Günter Erbach, Chef des DDR-Fußballverbandes, warf Müller einst aus dem Nationalteam, weil er es gewagt hatte, die Sport-Bonzen aus der Funktionärs-Clique daran zu erinnern, dass Fußball noch immer von Fußballern gespielt wird. Auf dem Platz. Und auch in der DDR von herausragenden Könnern – nur bekam es der Westen, auch nach dem Mauerfall, gar nicht richtig mit.

Auch Müller tat das weh, wie man in seinem Buch, freilich ohne jede Larmoyanz, nachlesen kann. Dafür kann man jetzt viel lernen: über Müller, die DDR und den Fußball im Osten. Der gebürtige Leipziger Müller absolvierte 49 Länderspiele für die DDR und stand in 39 Europapokalspielen für Lokomotive zwischen den Pfosten – jetzt, anlässlich seines 50. Geburtstages, hat er sich überreden lassen, das  Buch zu schreiben. »Ins linke obere Eck« schoss er einst einen berühmten Elfmeter gegen Girondins Bordeaux. »Es ist ein Leipziger Buch – kein gesamtdeutsches oder sächsisches«, hat Müller selbst bei der Vorstellung gesagt, und: »Es geht auch gar nicht so sehr um Masse, sondern ist für die Leute, die erfahren wollen, was in der Zeit von 1970 bis 1990 bei Lok Leipzig mit René Müller passiert ist.«

Das ist aber ziemlich untertrieben. In seinem sehr persönlichen Bericht erzählt Müller über seine Zeit als Fußballer bei Lokomotive, über nationale und internationale Erfolge – und über die Schattenseiten des Fußballer-Daseins in der DDR, darüber, wie sich das Spiel immer in einem gesellschaftlichen Umfeld bewegt. Im Osten. Im Westen. Mit Bonzen. Mit Krabben. Müller erzählt, er überlässt die Bewertung auf schöne Weise dem Leser, und er verschweigt nie, dass es, bei allen Zwängen, auch ein Privileg sein konnte, in der DDR Fußballer gewesen zu sein. Es ist ein unprätentiöses, dafür umso liebenswürdigeres und sehr ehrliches Buch. Noch zwei Sätze von Müller, geäußert gegenüber den ‚Nürnberger Nachrichten’. Erstens: »Fußball ist ernüchternd.« Zweitens: »Das Spiel liebe ich. Nicht das Drumherum. Wenn die Blase platzt, bleibt nur das Spiel.« René Müller, beim 1.FC Nürnberg zuständig für das Regionalliga-Team, zweimal DDR-Fußballer des Jahres, hätte auch dafür einen Preis verdient.

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