Platz 5Fußballbuch 2010

Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weißer

Die Tragödie des afrikanischen Fußballs (2009/2010)
Platz 5  Fußballbuch des Jahres 2010 
Gütersloher Verlagshaus
17,95 Euro
Buchcover Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weißer - Die Tragödie des afrikanischen Fußballs von Christian Ewers

Rezension zu: Ich werde rennen wie ein Schwarzer, um zu leben wie ein Weißer

Ludger Schulze

Wenn man jetzt, nach der Weltmeisterschaft, noch einmal in Christian Ewers Buch um und über den afrikanischen Fußball blättert, glaubt man, die Menschen darin plötzlich besser zu kennen. Das große Turnier in Südafrika hat uns Europäern den Kontinent ein wenig näher gebracht, und das ist gut. Vielleicht können wir nun besser verstehen, was der Autor gesehen, gehört, gespürt und aufgeschrieben hat.

Über Afrika und Fußball ist im Jahr 2010 unendlich viel veröffentlicht worden, das facettenreiche Buch des Stern-Autors ist mit das Beste zu diesem Thema. Ewers hat eine Art Road-Book geschrieben, einen hochspannenden Reisebericht auf seiner Monate dauernden Suche nach dem wahren Kern des afrikanischen Fußballs. Natürlich kommen die Weltstars vom schwarzen Kontinent, Roger Milla, Didier Drogba und Samuel Eto`o, dem der wunderbare Buch-Titel zu verdanken ist, auch vor, aber diesmal nur als Randfiguren, als absolute Ausnahmen der Regel. Hauptpersonen sind die kleinen Fußballer, die Träumer, die Enttäuschten, die Entmutigten, diejenigen, die ihre vage Hoffnung auf Erlösung aus einer elenden Welt um keinen Preis der Welt aufgeben wollen. Junge Männer wie der 16-jährige Robert Assio`o aus Kamerun, der mit wachsender Verzweiflung in einem tristen Vorort von Paris darauf wartet, endlich von den Jugendscouts eines großen, reichen Klubs entdeckt zu werden.  Oder der 33-jährige Gangster Martin, ein Drogendealer und Messerstecher aus einem Kapstadter Township, der seine letzte, wohl vergebliche Hoffnung darauf setzt, durch den Fußball aus dem Kreislauf von Kriminalität, Gewalt und Knast ausbrechen zu können.

Und dann ist da noch Ibrahim Sunday, der 1975 als erster Afrikaner in die Bundesliga zu Werder Bremen kam und einmal, ein einziges Mal in einem Ligaspiel eingewechselt wurde. Die Bremer wussten mit dem Spielmacher und Kapitän der seinerzeit besten afrikanischen Mannschaft Kotoko nichts anzufangen, Sunday blieb ein Fremder im fremden Land. Heute sagt er: Du kannst nicht mit gebrochenem Herzen spielen, nicht als Nummer zehn. Das schafft der stärkste Fußballer der Welt nicht?

Christian Ewers zeigt eindrucksvoll auf, welche Macht der Fußball in Afrika hat, wie glücklich er die Menschen machen kann und wie abgrundtief traurig. Und welche Sehnsüchte, Erwartungen und Verheißungen er weckt – und meistens enttäuscht. Ewers` Reportagen, Porträts und Interviews enthaltendes Buch ist ein journalistisches Glanzstück.

 

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