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Nominiert Fußballbuch 2020

Hat die überhaupt ne Erlaubnis, sich außerhalb der Küche aufzuhalten?

Wie ich lernte, das Leben sportlich zu nehmen
Nominiert zum  Fußballbuch des Jahres 2020 
HarperCollins
Verlagsinfo www.harpercollins.de
16,00 Euro
9783959673679

Rezension: Hat die überhaupt ne Erlaubnis, sich außerhalb der Küche aufzuhalten?

Thomas Pöltl
von Thomas Pöltl

Wenn wir über Frauen im Fußballgeschäft reden, darf es auch keine Wattepackung geben. Wir wollen gleichberechtigt behandelt werden, das gilt für Anerkennung und Respekt genauso wie für Beurteilung und Kritik. (Neumann,S. 122)

Claudia Neumann studierte in Bonn Germanistik, Pädagogik und Sport, hospitierte bei RTL und war als Redakteurin ab 1993 in den Bereichen Radsport, Tennis und Fußball bei Sat1 tätig.
1999 wechselte sie zum ZDF und avancierte 2011 - anlässlich des Heimturniers der Frauen - zur ersten Fußball-WM-Kommentatorin im deutschen Fernsehen.

Bereits 2011, bei der Frauen-WM, war Neumann "die erste Frau", die im deutschen Fernsehen live Spiele kommentierte. Sogar Frauenfußball war bis dahin reine Männersache. Vor der Kamera sind Frauen längst Normalität bei der Sportberichterstattung, am Mikrofon hat das länger gedauert: "Weil unsere Gesellschaft tatsächlich längst noch nicht so modern, weltoffen und tolerant ist, wie uns viele glauben machen wollen."

2016 setzte das ZDF erstmals die Sportreporterin Claudia Neumann als Kommentatorin bei einer EM-Partie ein, der Shitstorm war ihr gewiss. Bei der WM 2018 kam es zu weiteren Einsätzen. Jedes Mal wurde Neumann als Person, als Frau, als Reporterin, die ihren Beruf ausübt, von Zuschauern über soziale Medien mit sexistischen Sprüchen inklusive Vergewaltigungsfantasien beschimpft und attackiert: "Die Menschen in den Fußballstadien wie auch in den sozialen Netzwerken bewegen sich nicht in einem rechtsfreien Raum."

Claudia Neumann sieht sich nicht als Opfer, sie liebt ihren Beruf als Fußballkommentatorin und will an ihrer fachlichen Kompetenz gemessen werden und versucht, durch Selbstreflexion und Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, in dem höchst komplexen Bereich der Live-Sport-Berichterstattung Fehler zu erkennen und sich stetig weiter zu entwickeln.

Frauen und Fußball? Für manche Männer ist das scheinbar zu viel – auch noch im 21. Jahrhundert. Claudia Neumann ist keine Feministin und glaubt nicht, dass es im Bereich des Sportjournalismus sinnvoll ist, dass durch eine Quotenregelungen der Anteil der Frauen in den Redaktionen vergrößert werden sollte. Für sie steht die journalistische Qualität im Vordergrund: "Jeder darf, wenn er kann, keiner muss."
Claudia Neumann hat ein immens wichtiges Buch geschrieben, das zum einen ein Portrait einer starken Persönlichkeit in einem männlich dominierten Umfeld, als auch interessante Hintergrundinformationen aus dem Berufsalltag einer Fußballreporterin schildert.
Für mich ein würdiges Fußballbuch des Jahres!

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