Platz 11Fußballbuch 2015

Abpfiff

(2014/2015)
Platz 11  Fußballbuch des Jahres 2015 
Argument Hamburg
Verlagsinfo www.argument.de
17,00 Euro
978-3-86754-197-8
Buchcover Abpfiff -  von Dominique Manotti

Rezension: Abpfiff

Matthias Lieske

Vor Beginn der Lektüre dieses Buches sollte auf jeden Fall sichergestellt werden, dass eine funktionierende Espressomaschine verfügbar ist. Wohl in keinem anderen Werk der Weltliteratur wird derartig viel von diesem hübschen Getränk konsumiert wie im Fußballkrimi Abpfiff der französischen Autorin Dominique Manotti. Überhaupt ist der Pariser Inspektor Théo Daquin, der sich espressotrinkend und frisch verliebt, passenderweise in einen Sportreporter, durch die vielfältigen Verzweigungen des Mordes an seinem Kollegen Romero ermittelt, fleischlichen Genüssen aller Art nicht abgeneigt und nimmt auch gern mal ein Gläschen Champagner oder ein feines Essen mit.

In ihrem lakonischen Erzählstil folgt die Autorin chronologisch den Aktivitäten Daquins und seiner Kollegen, welche diese ziemlich schnell ins Fußballmilieu führen. Im Mittelpunkt des bereits 1998 in Frankreich, aber erst jetzt auf Deutsch erschienenen Krimis steht der Präsident eines Retortenklubs, wie man heute sagen würde, des FC Lisle-sur-Seine. Der Pariser Vorortverein ist dank der Investitionen des ambitionierten Baulöwen Reynaud von den Amateuren bis in die erste Liga aufgestiegen und steht nun kurz vor der Meisterschaft. Der Klub ist die große Leidenschaft seines Präsidenten, aber auch Deckmantel und Vehikel für allerlei politische und kriminelle Machenschaften.

Auch wenn der FC Lisle mit Olympique Marseille wenig gemein hat, ist dennoch unverkennbar, wer der Figur des Reynaud Pate stand. Schließlich war, als Manotti das Buch schrieb, gerade Bernard Tapie, Unternehmer, Sportmäzen  und Politiker, wegen betrügerischer Geschäfte zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Als Klubpräsident von Olympique hatte er Spiele verschoben, Dopingvorwürfe wurden immer wieder laut. Logisch, dass diese Dinge, ebenso wie Drogenkonsum und Erpressung,  auch in Abpfiff eine Rolle spielen, doch die Autorin begeht nicht den Fehler, sich allzu sehr auf die eher banalen Vergehen im Fußballmilieu zu konzentrieren. Ihr Hauptinteresse gilt dem großen Verbrechen, für das der FC Lisle-sur-Seine lediglich eine Bühne bietet. Die Handlung spannt einen eleganten Bogen von den Auftragskillern des ersten Kapitels bis zu den Drahtziehern im Hintergrund, sie bleibt dabei stets plausibel und fesselnd bis zum Schluss. Vorausgesetzt, dass einem der Espresso nicht ausgeht.

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